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Jeden Tag erstelle ich einen Tagesbericht samt Fotos, allerdings, nur wenn ich W-Lan zur Verfügung habe. Das Tagebuch beginnt zuunterst auf dieser Seite, der neueste Eintrag ist zuoberst. 

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Tagebuch Zentral Asien

2. Versuch Frühling 2018 (RumpfReise)

Epilog

Auch wenn meine ChinaReise aus einzigen Kaskade von Zermürbungen bestand erlebte ich zumindest ein China wie kein PauschalReisender es je kann — OrginalChina eben, nicht Tourismus-geschönt mit einer lächelnden, staatlich angestellten Hostess, die um alle PolizeiStationen einen Umweg weiss. Und somit waren die zwei-(Klein-)Reisen in diese fremde Welt mit all meinen Erlebnissen eigentlich eine grosse Erfahrung, die ich nicht vermissen möchte. Na ja, und vielleicht gehe ich dann trotzdem wieder einmal chinesisch essen, z. B. gebratene kantonesische Ente. 

Di/Mi, 8./9.5.2018, Beijing/Wetzikon.

Ich checkte um 10 Uhr aus dem Hotel aus, liess aber Velo und Gepäck zurück. Ich hatte ja noch 7 - 8 Stunden bis zu meinem Taxifahrt zum Flughafen. Das Wetter hat sich wieder zum Schönen gewandt und so schlenderte ich stundenlang durch die Stadt und deren Pärke. Für das Velo auf dem Flug nach Peking wurde mir wie meistens etwa 100$ verrechnet, auf dem SWISS-Flug nach Zürich ging das Velo gratis durch. Vom Flughafen Kloten wurde ich durch meinen Sohn Roman abgeholt. Und so gelangte ich wieder zu meiner Ehefrau, zu meinen Kindern, zu meinen Enkeln ins wunderschöne ZürcherOberland zurück, dankbar dafür, überhaupt wieder zurück kehren zu dürfen und zu können.

Mo, 7.5.2018, Urümchi, warten. Wetter: SchneeRegen, 2°. 

Ein 25°-Temperatursturz, von schön und warm auf winterliche Verhältnisse ist schon eine besondere Grössenordnung. Mit einem Taxi fuhr ich zu einem VeloHändler und kaufte einen VeloKarton mit genügend KlebBand. Im Hotel verpackte ich das Velo und war somit gewappnet für den morgigen Flug. Da es praktisch den ganzen Tag sehr nass blieb, verbrachte ich den Nachmittag im Fitness und in der Sauna. 

So, 6.5.2018, Urümchi, SightSeeing. Wetter: Schön, 25°.

Heute morgen hatte ich unerklärlicherweise W-Lan auf dem iPad und erhielt auch Mails. Ich benutzte die Gelegenheit, die fehlenden Zeitungen runterzuladen. Das iPhon hat noch immer keinen Empfang, weshalb ich die darauf verfassten Berichte nicht senden kann. In den Städten Chinas gibt es massenhaft Scooters (wie Vespas), allerdings laufen alle elektrisch. In Urümchi sah ich erstmals auch Elektrovelos, allerdings funktionieren die auch ohne Treten.

Ich schlenderte 5 Stunden durch die Stadt und am Nachmittag rannte ich statt um den See mit einem jungen Chinesen auf dem Laufband im FitnessRaum um die Wette. Am Abend gönnte ich mir noch einmal das das sagenhafte Büffet.

Sa, 5.5.2018, Urümchi, 200km mit Taxi. Wetter: Schön, 25°. Unterkunft: Hotel Luxeman Xinjiangs Hongfu, Fr 100.—.

Mit einigen Demontagen verstauten wir das Velo im Fond des Wagens. Schon bald fuhren wir durch riesige Pärke von Windmühlen, bis hinauf nach Urümchi dürften es wohl etwa 5000 Mühlen gewesen sein. Die Autobahn führte durch eine lange Schlucht und daneben wurde eine weitere, eine Diretissima in die Felsen gesprengt. Auch der ‚Fast Train‘ führt bereits nach Urümchi. Der Fahrer fuhr mich zu einem Hotel: Nicht für Ausländer. Er fuhr zu einem zweiten, dasselbe. Erst das dritte, ein 25-stöckiger Luxuskasten akzeptierte mich.

Da es erst 2 Uhr war suchte ich das HotelRestaurant auf und wurde fast erschlagen: Ein solch reichhaltiges Büffet habe ich noch nie gesehen. Sich da durchzuessen kostete zwar 30 Franken, aber das war es mir wert.

Fr, 4.5.2018, Turpan, 104km. Wetter: Schön, 35°. Unterkunft: Hotel Tolufan, sFr 55.—.

Was ich gestern schon angedacht hatte entschied ich heute: Ich fahre/fliege nach Hause. Da ich den Weg zurück nach Turpan kannte, konnte ich mir Zeit nehmen. Ich fuhr die Hälfte der Strecke wieder wie gestern auf der zweispurigen Strasse. Aber auch diese verlief sich; zwar nicht in der Wüste sondern in einem kleinen Dorf. Die Auffahrt zur Autobahn war nicht weit zurück und so absolvierte ich den Rest bis Turpan auf der Autobahn - und fing prompt meinen dritten Platten ein. Der WerbeSlogan ‚Schwalbe Maraton, der Unplattbare‘ ist eine der grössten WerbeLügen, die ich kenne. Ich habe mit solchen Pneus schon mehr als 20 Plattfüsse eingefahren. In Turpan fand ich das Hotel von vorgestern erst nach einer kilometerlangen Irrfahrt, war erstaunt über den ermässigten Preis und machte mich auf den Weg zur BusStation für einen Bus nach Urümchi. Die Busse sind allerdings zu klein und nicht gebaut, um sperrige Güter wie mein Velo zu laden. Da mich vor der Station einige TaxiFahrer bedrängt und mir Ihre Taxis für eine Fahrt nach Urümchi angeboten hatten, stieg ich auf das Angebot mit einem grösseren Auto ein. Das Velo in einem KofferRaum zu verstauen ist so gut wie unmöglich, da alle mit Gas fahren und der GasTank füllt die Hälfte des KofferRaums. Ich nehme an, das funktioniert morgen trotzdem. Der Preis ist sFr 67.— für knapp 200 km. Dass ich nicht mit dem Velo hinfahre hat einen simplen Grund: Gemäss Mominjan gibt es eine zweiten, grösseren WindKorridor, genau zwischen Turpan nach Urümchi (dort wo ich weiter südlich Tausend Windmühlen gesehen hatte).  Über meine gestrige Erfahrung mit einem solchen Korridor (das kann man sich gar nicht vorstellen) und meine Erinnerungen an Feuerland (auf‘sVelo steigen kriegt niemand hin) entschied ich mich für das Taxi. Ich will nicht ein weiteres Mal umkehren. Neuerdings muss ich als Passwort zum W-Lan meine chinesische TelefonNummer eingeben, auf chinesisch natürlich. Ausländer sind somit schon gar nicht mehr zugelassen. Mail und Homepage funktionieren auch übers Telefon nicht, zum Glück aber SMS und das Telefon selber. Und über SMS konnte ich  bei Rewi/Kouni für den 8./9.5.2018 eine Umbuchung meines Fluges erwirken. Ich dürfte also auf Auffahrt zu Hause sein.

Do, 3.5.2018, Shangshang, 126 km. Wetter: Schön, 35°. Unterkunft: Hotel West Tour, sFr 53.—

Der Tag wurde schon nach 40 km schwierig, als ich wieder einmal von der Polizei angehalten wurde. Übliches Szenario zwar, aber dann wollte er mein iPhon. Widerstand zwecklos. Er durchsuchte alle meine Fotos und zwang mich, alle Fotos mit Polizisten und den Bürgerwehren zu löschen. Nach einer halben Stunde konnte ich gehen. Schon nach einigen Kilometern hörte ich hinter mir ein CisGis-Horn. Ein grosser Polizei-Offroader stellte sich quer zur Strasse vor mich. Ein zweites Auto folgte. Zwei Polizisten mit zwei Übersetzerinnen (die konnten gar nichts) forderten mich auf, Velo und Gepäck in den Offroader zu laden. Ich weigerte mich und fuhr per Velo zurück - allerdings nicht 3 km sondern 20. im Hauptquartier wurde mein Pass immer und immer wieder fotografiert, ansonsten wurde ich einfach sitzengelassen. Nach etwa drei Stunden, es war bereits zwei Uhr wurde ich laufengelassen mit dem Dank aus einem ÜbersetzungsApp: Thank you for your cooperation. Eigentlich wollte der ich die restlichen 20 km wieder zurück und morgen weiterreisen. Nach einem Salat mit Fladenbrot und Tee fuhr ich dann aber weiter Richtung Hami. 

Ich fuhr schon die ganze Strecke auf sehr guter Normalstrasse und durch grosse Weinberge und luftdurchflutete Hallen, wo die Weintrauben zu Rosinen getrocknet werden. Das geht hier so schnell, dass die Trauben getrocknet sind, bevor sie zu gären anfangen. Irgendwann rief mich noch einmal ein Polizist. Ich dachte: Aber nicht schon wieder! Ich kehrte. Es waren aber nur drei Torwärter, die offerierten mit ein kaltes Wasser. Die Strasse knapp neben der Autobahn wurde immer lausiger und verlief dann etwa 8 km nach der AutobahnAuffahrt buchstäblich im Sand, resp. im Kies. Ich wurde langsam ziemlich mürbe und wollte wieder zurück. Allerdings hielt ich nach 10 km nochmals bei den Torwärtern an und einer fing an zu zeichnen. Ich müsse auf die Autobahn, aber nach gut 40 km habe es ein Autobahnhotel. Ich entschied mich nochmals fürs Weiterfahren, ein Fehler. Nach etwa 10 km kam er. Mominjean warnte mich schon von einem Windkorridor vom Gebirge in die TurpanSenke und der kam plötzlich. Die erste Böe wehte mich beinahe über die Leitplanke. An ein Weiterfahren war nicht mehr zu denken. Der Wind kam von schräg links vorne. Ich ging und stosste das Velo. Und dann blieb ich stehen, ich kam auch gehenderweise nicht mehr weiter. Rund herum stiegen Windhosen in die Höhe. Viel zu spät kehrte ich um und fuhr auf dem Pannenstreifen gegen den Verkehr zurück.

Glücklicherweise hatte ich meinen Doppelplatten (hinten und vorne gleichzeitig) gestern, das heute auch noch — naja, ist ja zum Glück ist es eben gestern passiert. Ich fuhr endgültig nach Shangshang zurück, das unter einer riesigen Staub-und Sandwolke lag. Allerdings würde ich die Stadt vor Dunkelheit nicht mehr erreichen und fand irgendwo ein Taxi, das mich die letzten 25 km zum gestrigen Hotel fuhr. Dort kaufte ich mir zwei Bier, schrieb meinen Bericht und liess mich ins Bett fallen. Morgen ist ein neuer Tag. 

Mi, 2.5.2028, Shanshan, 95 km. Wetter: Schön mit viel Staub in der Luft, 33°. Unterkunft: Hotel West Tour, sFr 53.—.

Gestern Abend wollte ich meinen Bericht Katharina mailen und musste feststellen, dass meine Telefonnummer, die ich an irgend einem Kontrollpunkt angeben musste, gekappt ist. Dass das Internet trotz VPN einmal auch über das TelefonNetz nicht mehr gehen würde wunderte mich nicht besonders. Aber auch das Mail ging nicht mehr. Und vor allem, ich konnte auch kein SMS mehr senden (meiner Frau Katharina) und das Telefon war tot. Ich hatte überhaupt keine Verbindungen mehr. 

 Ich eilte zur Reception. Der Dame zu erklären was ich wollte war trotz ÜbersetzungsApp fast unmöglich. Irgendwann klappte es aber. Ein Mail ab ihrem Handy abzusetzen war jedoch auch mit arabischen Buchstaben (nachdem wir die gefunden hatten) unmöglich (wahrscheinlich könne die Chinesen gar nicht mit dem Ausland kommunizieren) und selbst der Versuch, über drei FestTelefone Katharina anzurufen scheiterte. Zu guter Letzt versuchte ich über das HotelTelefon Mominjan mit seinen Englisch-Kenntnissen, dessen Nummer ich hatte, anzurufen, allerdings ohne Erfolg, es war ja auch schon halb zwölf. Ich wusste nicht mehr weiter, nur eines: Ich werde ein zweites Mal frustriert aus China abreisen; wie auch immer. Morgen werde ich versuchen nach Urümchi zu kommen  und von dort zurück in die Schweiz, koste es, was es wolle. Nach vielen weiteren Versuchen bis weit nach Mitternacht war endgültig klar, das mein Telefon tot war. Ich versuchte zu schlafen. 

Morgens um 4 Uhr versuchte ich es noch einmal. Nichts. Dann fand ich heraus, wie ich mein neues iPhon abstellen konnte und stellte es ab. Beim WiederAnstellen musste ich auch den Code für die SIM-Karte eingeben — und zumindest SMS und Telefon funktionierten wieder. Grosses Aufatmen, ich konnte mit Katharina kommunizieren. 

Ich liess es also nochmals darauf ankommen und fuhr um 7 Uhr gegen Osten (die Dämmerung ist bereits etwa eine Stunde früher). Es hatte zwar eine 2. Klasse-Strasse, aber 1. fand ich sie nicht und 2. ist die autobahnähnliche Strasse viel sicherer und, da sie eingezäunt ist ,weniger verboten‘ als die andere. Die Fahrt durch reine KiesWüste war ereignislos, nur der fast konstante Gegenwind machte mir zu schaffen. Nach etwa 60 km kam der erste KontrollPosten. Es gab keine Probleme, das HauptThema war bei den 6 Polizisten ohnehin mein Alter und dann ist es meistens gut. Auch den 2. Posten bei der Einfahrt in die Stadt passierte ich völlig problemlos und in RekordZeit. Ich fuhr also noch einige Kilometer in die Innenstadt und ging an die Rezeption eines grossen Hotels. Ich erwartete ‚sorry no foreighners‘ bekam anstelle dessen jedoch einen sehr guten Preis. Ich war sehr erleichtert und stieg also ab. Nochmals 95 km zurück nach Turpan hätte ich nicht geschafft. 

Kaum im Zimmer aktivierte ich W-Lan und war völlig erstaunt, dass es über VPN problemlos funktionierte (nicht übers Telefon). Nachdem mein Bruder Stefan meine nicht eingetroffene Rechnung für meine HomePage und somit auch mein Mail bezahlt hat funktionierte auch dies wieder. Ich nutzte die Zeit, um auf mein iPad zwei Ausgaben der NZZ zu laden, das erste Mal auf dieser Reise. Ich muss wohl selbstkritisch zugeben: Mail und Homepage funktionierten nicht, weil ich meine Rechnung nicht bezahlt hatte. Telefon und SMS waren blockiert, ich musste nur einen Reset durchführen. Gerade für alles kann ich nicht den Chinesen die Schuld in die Schuhe schieben. Morgen fahre ich weiter. Ich habe genügend Flüssigkeit und etwas Proviant eingekauft, denn bis Hami hat’s kaum ein Haus, zelten ist also angesagt, ob‘s erlaubt ist oder nicht. 

Di, 1.5.2018, Turpan. SightSeeing. Wetter: Schön, 35°. 

Mit dem TaxiDriver von gestern, Mominjan dem Uiguren, mit seinem kleinen Sohn fuhr ich zu allen Sehenswürdigkeiten von Turpan und seiner Umgebung. Die Luft war leicht neblig, allerdings nicht wegen Feuchtigkeit, sondern da sich der aufgewirbelte Staub eines Sandsturmes in der Taklamakan vor zwei Tagen in die TurpanSenke ablagerte. Heute beobachtete ich eine weitere KontrollArt. Mein Fahrer musste Kofferraum und Motorhaube öffnen, aussteigen und zur Seite treten — und das immer mit einem Speer einen halben Meter hinter seinem Rücken, Mittelalter pur und martialistischer geht schon fast nicht mehr. Natürlich kann ich von solchen Situationen keine Fotos machen. 

Wir fuhren zuerst in die Flaming Mountains mit Bergflanken, denen man die Guthitze buchstäblich ansieht. An den LössWänden in Bezeklik sind noch einige Höhlen der ehemals Tausend Buddhas erhalten, die von 400 bis 1400 erbaut wurden und von buddhistischen Mönchen bewohnt wurden. Erst mit der türkischen Eroberung wurden sie verlassen.

Wir besuchten aber auch die Ruinen von Gao Chan, den ThemenPark von Flaming Mountain und das sehr gut erhaltene EminMinaret. Unterwegs bat ich meinen Fahrer anzuhalten und zwar bei einer ganzen Serie von Treibhäusern. Diese haben auf der Nordseite eine kompakte Wand aus Lehm und gegen Süden Glas-oder Plastikdächer. Es wurden Tomaten gezogen. In Turpan werden aber auch die besten Melonen Chinas und die allerbesten kernenlosen Trauben geerntet. Leider ist erst Frühling.

 

Ein HighLight waren die unterirdischen WasserStrassen, das Karez-System. Die Kanäle haben eine Gesamtlänge von sage und schreibe 2100 km und bringen das Grundwasser von unterhalb des TienShanGebirges in die TurpanSenke. Grandiose Bauwerke und es war wohl eine unglaubliche Schinderei diese zu bauen. 

Zum Schluss besuchten wir noch Jiao He (Yar City). Dies ist heute eine reine Ruinenstadt und trotzdem sehr eindrücklich. Von 200 vCh bis 1200 war dies eine völlig unbefestigte Stadt da sie hoch über zwei Flüssen thronte. Dann aber wurde sie von den Mongolen zerstört und nie mehr aufgebaut. Sie gehört zum UnescoKulturerbe. Es war ein unerhört interessanter Tag. Aber es ist Zeit, dass ich wieder auf‘s Velo komme (dieses ist unversehrt angekommen), ich werde langsam etwas faul und geniesse das unbeschwerte HotelLeben in unzulässiger Weise, dh, ich werde langsam unzufrieden mit mir. Morgen früh fahre ich weiter nach Osten Richtung Hami wobei ich morgen Abend wohl noch in einem Hotel übernachten kann — wenn ich dann überhaupt so weit komme und es dort tatsächlich ein ‚Hotel for Foreighners’ gibt.

Mo, 30.4.2018, Turpan. 1500 km mit dem Zug. Wetter: Schön, 30°. Unterkunft: Hotel Tolufan Huozhou, sFr 70.—.

Ich schlief erstaunlich gut auf der ziemlich harten Pritsche im Zug. Vor Turpan hatte es wohl 1000 Windmühlen in der Wüste, die allerdings mangels Wind stillstanden. Die Wüste hat von Sand auf Kies/Geröll gewechselt. Rund um Turpan werden mehrere Bahnlinien gebaut. Auch der ‚FastTrain‘ (TGV, ich werde den richtigen Namen noch herausfinden) führt von Osten bereits bis Turpan, wahrscheinlich sogar bis Urümchi. Die ‚Neue Seidenstrasse‘ ist bereits auf Hochtouren im Bau. 

In Turpan (Turfan) konnte ich mein Velo nicht abholen, es sei im südlichen Bahnhof. Ein TaxiFahrer mit recht guten EnglischKenntnissen führte mich hin. Es war der Bahnhof des Fast Trains, eine geradezu gigantische Anlage. Aber dort war mein Velo auch nicht, es sei in Urümchi (in der Hauptstadt, 200 Kilometer nordwestlich) und werde noch heute an meine noch zu nennende HotelAdresse geliefert. Ich konnte wieder einmal nur hoffen. Der TaxiFahrer brachte mich in ein komfortables Hotel. Wir vereinbarten, dass er mich morgen für eine tägige SightSeeing Tour abholt. Am Nachmittag suchte ich eine Bank und einen Optiker auf. Im Hotel wurde wie schon oft nur Visa akzeptiert, nicht aber MasterCard. Ich brauchte also Geld aus einem Bancomaten (ATM), der internationale Karten akzeptierte. Ein Optiker montierte mein wieder einmal herausgefallenes BrillenGlas wieder. 

Beim langen Schlendern durch die weitläufige, sehr ansprechende Stadt machte ich eine geradezu sehr angenehme Feststellung: Ea hat auf den Strassen fast keine Polizisten mehr und ich habe nur sehr wenige CisGis-Hörner gehört. Es hat allerdings noch immer beim Eingang zu fast allem Scanner und Kameras samt Personal, der Unterschied zu Kashgar ist aber unübersehbar. Zum Glück ist es erst Frühling, denn ich befinde mich am heissesten Punkt Chinas (bis +50°). Die TurpanSenke ist eine riesige Oase mit 10‘000 km2 Fläche (etwa 130 x 70km) und liegt zwischen 60 und 150 m unter dem MeeresSpiegel. Morgen werde ich mehr darüber erfahren. 

So, 29.4.2018, Kashgar/Turpan. Wetter: Schön, 30°. Unterkunft: Im Zug. 

Heute Morgen ging ich noch das letzte Mal in die Stadt. Ich fand tatsächlich eine Bäckerei, wo ich Guetsli und einen Kaffee bekam und dies erst noch in einem bequemen Stuhl geniessen konnte (gibt‘s fast nirgends). Danach nahm ich ein Taxi zum Bahnhof. Ich musste durch 4 GanzkörperScanner, 3 mal wurde ich hinten und vorne abgetastet, 5 mal musste ich Billet und Pass vorweisen und zwei mal wurde mein Gepäck gescannt. Beim zweiten Mal wurde mein gesamtes Gepäck auseinander genommen und man fand natürlich mein Sackmesser. Kurz, ich war zwar ausser mir, musste das teure Messer aber trotzdem zurücklassen. 

Man muss wohl mehrere Tage in der Stadt gewesen sein um das Kontroll- und Terrorsystem zu begreifen. Es sind nicht nur die hundert Mal mehr Polizisten als im gleich grossen Zürich mit all den KontrollSystemen, es sind auch die massenhaft aufgestellten automatischen Kameras über den Strassen und vor Parkplätzen die die AutoKennzeichen aufnehmen, oder die publikumswirksamen Exerzizien von PolizeiEinheiten auf den Trottiors. Es sind die vielen kleineren und grösseren ,Bürgerwehren‘ (gegen wen eigentlich?), die in martialischer Manier mit überdimensionierten, BaseballSchlägern auf den Boden klopfend durch die Strassen marschieren (auch auf dem Lande) oder den Nahkampf üben mit ebenso martialischem Geschrei (Nachstehendes Bild ist das einzige, das mir von der Polizei nicht gelöscht wurde, Frauen nach dem Marschieren, dahinter Polizeiwagen mit schrillem Cis-Gis-Gebrüll).

Völlig auf Terror ausgerichtet sind allerdings die überall schreienden CisGis-Hörner auf fahrenden oder stehenden PolizeiVans vor allem in den Hauptstrassen der Stadt. Einem andern Zweck als dem schieren Terror kann diese akustische DauerBeschallung nicht dienen. Und all die unendlich vielen Ausweis-, Gesichts- und NummernSchild-Kontrollen werden in zentralen Rechnern elektronisch zusammengefügt — BigData in ReinstKultur. Ausserdem hat jedes Haus zwei ‚Betreuer’, das Bild der Polizisten ist neben jeder Haustüre angeschlagen. Zwar bin ich jetzt auch im System (sogar mit Messer), aber ich kann zumindest wieder abreisen, die Einwohner Xinjiangs könnn das nicht. Und sie wissen haargenau, was mit ihnen geschieht. 

Im Wartesaal hatte es ein Sonderling. Er war vollständig gepflastert mit Orden. Jeder machte ein Bild von ihm, ich auch. Da nahm er mich zu ihm und reichte mein iPhon einem Zuschauer, der dann ein Foto von uns beiden machte. Danach wollten alle rundherum noch einFoto mit ihm und mir machen. Irgendwann lief ich davon. 

Der Zug startete auf die Minute. Anfänglich hatte ich ein 4-er-Abteil für mich, später teilte ich es mit einer jungen Mutter mit ihrem kleinen Sohn. Im NachbarAbteil war eine amerikanisch Familie auf einer 8-monatigen Weltreise. Man muss wohl Professor für AstroPhysik sein, um solange von Boston fernbleiben zu können. Die Fahrt selber ging durch die Wüste, durch die Wüste, durch die Wüste. Es wird wohl eine lange Nacht werden. Ich kaufe am besten noch ein Bier vom Wägelchen. 

Sa, 28.4.2018, Kashgar. Wetter: Schön, 28°. 

Über die gestrigen Erfahrungen musste ich einsehen, dass mir zumindest die Fahrt mit dem Velo durch/entlang der TaklamakanWüste verunmöglicht war. Ausserdem bin ich endgültig auf dem Radar der Polizei. Gestern wurde mein Pass mindestens 10 mal offiziell gescannt und zusätzlich 10 mal per Handy fotografiert und die Fotos wohin auch immer gesandt. Kurz, es gab definitiv kein Untertauchen mehr, respektive, es würde wohl sehr gefährlich. Zur EhrenRettung der Polizisten: Sie waren immer freundlich und korrekt, einer offerierte mir sogar ein kaltes RedBull. Ich wusste aber trotz aller Freundlichkeit, was die Stunde geschlagen hatte. 

Gestern wechselte ich ins SemanHotel in dessen Lobby sich das kleine Reisebüro befindet. Die junge Frau hatte zwar keine grosse Ahnung vom Geschäft, da ich jedoch genau wusste was ich wollte konnte sie helfen. Wir fuhren mit einem Taxi samt Velo (es ist ganz knapp nicht aus dem offenen Kofferraum gefallen) zur TrainStation. Durch, wie üblich, mehrere Kontrollen konnte ich für morgen ein Bahnbillet nach Turpan in einem SchlafAbteil kaufen. Das Velo musste ich schon heute separat aufgeben (Totalpreis ca sFr 100.— für 1500km). In Turpan sollte mich jemand in Empfang nehmen und zu einem autorisierten Hotel bringen (meine Selbständigkeit nimmt dramatisch ab).

Den Nachmittag verbrachte ich in der Stadt und genoss vor allem das sensationelle Klima: Wolkenlos, 25-30° und trocken. Hier regnet es praktisch nie, Kashgar ist eigentlich, wie alle Städte und Ortschaften entlang der Taklamakan eine Oase allerdings mit viel Wasser aus dem Pamir und den beiden andern RiesenGebirgen, dem Karakorum und dem TienShang. Und anders als letztes Jahr habe ich keine fordernden oder gar erpresserischen Chinesen kennengelernt sondern nur freundliche und auch hilfsbereite. Und all das im Gegensatz zur allgegenwärtigen Kontrolle und Repression. 

Fr, 27.4.2018, Kashgar, 126 km. Wetter: Schön, 28°. Unterkunft: Hotel Semur, sFr 30.—

 Nachdem ich das den ganzen Tag immer wieder probiert hatte konnte ich gestern Abend über das Telefon plötzlich mailen und den Tagesbericht auf‘s Netz stellen. Kostet mich wohl Millionen an Roaming-Gebühren.  Auch lerne ich langsam tatsächlich mich mit meinem Offline-Übersetzer zu verständigen. Selbst der Sofort-Übersetzer durch die Kamera funktioniert einigermassen. Ich finde zumindest ungefähr, was es in der Büchse hat, die ich kaufe. Auch meine neue Garmin-Uhr checke ich langsam. So kommt irgendwann eine Vibration mit der Meldung: Ziel erreicht, dh ich habe an diesem Tag 10‘000 Schritte absolviert, was bei mir in der Stadt normalerweise um 11Uhr erreicht ist. Auch kenne ich jetzt endlich meinen Puls, kann mit Knopfdruck Höhe über Meer ablesen und weiss immer, in welche Richtung ich laufe. Letzteres ist in der Stadt und durch die Labyrinte von Unterführungen tatsächlich nützlich. Vielleicht finde ich noch weitere Figinen heraus. 

 Jedenfalls startete ich heute morgen etwas vor acht Uhr (Dämmerung bis halb acht, China hat über die ganze Ausdehnung nur eine Zeitzone). Die Strasse aus der Stadt war plötzlich eine Autobahn und nach 10 km kam die Tafel ‚Velos verboten‘. Nach einigen weiteren km fuhr ich von der Autobahn direkt in einen Polizeiposten. Die Kontrolle dauerte nur 10 Minuten und ich wurde auf eine Nebenstrasse verwiesen, die nach Artush führen sollte. Nach 8 km kam wieder eine Kontrolle. Nach einer halben Stunde die Nachricht, diese Strasse sei verboten. Ich solle zurück auf die ‚big road‘. Ausrufen zwecklos. Ich fuhr also zurück und wollte am TollHäuschen vorbei auf die Autobahn. Da sprangen 4 Polizisten aus einem Kabäuschen. Kein Durchkommen. Da der eine Polizist zu schreien begann, schrie ich zurück. Er schien das zu mögen und lachte. Nachdem ich den Herren per ÜbersetzungsApp die Situation erklärte liessen sie mich nach gebührenden ShakeHands und Fotos gehen. 

 So fuhr ich also auf der Autobahn nach Artush, eine 200‘000 EinwohnerStadt — und wurde natürlich sofort von der Polizei abgefangen. Das ganze Prozedere von Neuem, nur ging es viel länger. Mit der Zeit merkte ich warum. Es gibt keine ÜbernachtungsMöglichkeit in der Stadt. Nur, ich war schon letzten Mal hier und bekam problemlos ein Zimmer in einem ‚Hotel for Foreighners‘ und konnte ihnen sogar den Namen nennen. Ich wurde aufgefordert mein Velo einem Polizisten zu überlassen und in einen Van zu steigen. Nachdem ich mich minutenlang geweigert hatte liessen sie mich ihrem Van folgen. Einmal bedeuteten sie mir, mich am FensterPfosten zu halten und mich schleppen zu lassen. Polizei!?  Das letzte Mal vor einem Jahr passierte mir in der gleichen Stadt genau das Gleiche und wir fuhren auch zum selben Hauptquartier. Nochmals eine halbe Stunde. Immer wieder unterhielt ich mich mit Polizisten über‘s Handy und gelangte so langsam zur bitteren Wahrheit. Dann liessen sie mich ziehen und zeigten mir den Weg zum besagten Hotel um die Ecke. Das Hotel ist ab diesem Jahr nicht mehr für Ausländer zugänglich. Ich wurde schroff abgewiesen. Ein Chinese mit leidlichen EnglischKenntnissen forderte mich auf, seinem Auto zu folgen. Wir fuhren zur Stadtverwaltung. Nach diesem Besuch war alles klar. Ganz Xinjiang (Uigurien) ist für Ausländer ab diesem Jahr Sperrgebiet. Übernachten kann man nur in Kashgar und ev in einigen ausgewählten TouristenOrten. Zelten ist explizit verboten — das heisst, ich konnte wieder einmal nur in eine Richtung — zurück nach Kashgar. Da mir meine Krämpfe schon im Hinweg Probleme bereiteten und es überdies schon fast 4 Uhr war machte ich mich etwas besorgt auf den Rückweg. Gegen 8 Uhr erreichte ich mit vielen krampfbedingten GehStrecken Kashgar. In einem guten Restaurant genehmigte ich mir ein währschaftes Nudel/Fleischgericht, denn wegen der vielen Aufregungen hatte ich den ganzen Tag vergessen etwas zu essen. Für morgen habe ich einen Termin im schon mal erwähnten Reisebüro vereinbart. 

Do, 26.4.2018, Kashgar, Vorbereitungen. Wetter: Schön 28°.

Zeitig am Morgen suchte ich ein Reisebüro auf, das ich schon letztes Jahr besucht hatte. Ich hatte zwei Fragen: ‚Bekomme ich eine polizeiliche Bewilligung, um in den kleinen Dörfern übernachten zu dürfen‘ und ‚gibt es eine chinesische IP-Adresse, damit ich ins Internet komme‘?  Die Dame im Reisebüro konnte mir nicht helfen aber gab mir die Adresse des PSB, des Public Security Bureau. Nach einer Irrfahrt sondergleichen von einem PolizeiPosten zum andern erhielt ich endlich eine Antwort: Nein, es gibt keine Übernachtungs-Bewilligung. Nach dieser Irrfahrt brach ich die Suche nach einer chinesischen IP-Adresse ab. Das war zwecklos. In einem grossen Laden deckte ich mich 5lt Flüssigkeiten, Bisquits und SchockoRiegeln ein. 

 Schon letztes Jahr beschrieb ich die erdrückende Polizeipräsenz. In der Stadt trifft man alle 50 m zwei bis vier Polizisten (abgemessen), entweder auf Stühlen sitzend oder im Gäsemarsch hintereinander gehend. Überall muss man durch Schleusen mit GanzkörpersSannern (in eine SeitenStrasse, unter eine Unterführung, ins Hotel, in fast jedes Restaurant, in jeden grösseren Laden usw) . Bei vielen Schleusen wird die Identitätskarte gescannt, so dass die Polizei ein komplettes Bewegungsbild seiner Bürger erhält. Es gibt in Kashgar mindestens 50 bis 100 mal mehr Polizisten als in der etwa gleich grossen Stadt Zürich. Exercizien finden nicht auf dem Kasernenhof statt, sondern publikumswirksam auf den Trottoirs. Es gibt kaum Zeiten da nicht ein CisGis-Horn dröhnt, entweder von einer DreierGruppe PolizeiVans mit 10km/h durch die Hauptstrassen fahrend oder an einer belebten Kreuzung stehend, so dass die Polizei nicht nur dauernd gesehen, sondern auch immer wieder gehört wird. 

Mi, 24.4.2018, Kashgar. Wetter: Schön, 30°. Unterkunft: Hotel Transit, sFr 50.—.

Gestern startete ich mit einer SwissMaschine nach Beijing (Peking), wo ich um 5 Uhr morgens ankam. Dann galt es, eine Stunde anzustehen um ins Land zu kommen. Nach einer langen ShuttleFahrt kam ich zum BagageClaim, wo das Velo schon auf einem Wägelchen war und auch mein grosser Swiss-Sack, in den ich meine drei Sakkochen verstaute kam bald. Dann aber erschrak ich. Der Sack war offen und eine Sakkoche fehlte. Aber nicht schon wieder, dachte ich. Allerdings tauchte sie dann ganz einsam auf dem Band auf, wie wenn nichts geschehen wäre. Trotz den grossen Distanzen im RiesenFlughafen und auf dem noch grösseren Flugfeld erreichte ich meinen Weiterflug nach 2.5 Stunden gerade noch rechtzeitig. 

Der WeiterFlug nach Urümchi (Urumüchi) ging schon bald nach Beijing über endloses WüstenGebiet. Über Urümchi bis nach Kashgar (Kashi) fuhr ich etwa einen Drittel der Strecke Zürich-Peking wieder zurück. Zwischen Urümchi und Kashgar überflog ich das den meister Leuten unbekannte TienShan-Gebirge dessen höchster Berg eine Höhe von 7500 m hat. 

 Nachdem ich im Zentrum von Kashgar ein gutes Hotel bezogen hatte probierte ich das W-Lan. Es ging nicht. Da aktivierte ich auf iPhon und iPad das VPN-Programm. Das funktioniert zwar nach langen Ladezeiten, aber nicht lange. Ich muss mich an die Problematik herantasten. Vielleicht finde ich noch einen Dreh. Auf alle Fälle schreibe ich wie gewohnt meine Berichte und mache Fotos, vielleicht gelingt es mir ab und zu die Berichte auf‘s Netz zu stellen. Zumindest funktionieren SMS, so dass ich meiner Frau Katharina noch Lebenszeichen senden kann.

So, 23.4.2018, Wetzikon. Nach der Wahlveranstaltung begab ich mich nach Hause, wo schon fast die ganze Familie bei schönstem Wetter im Garten versammelt war. Ich briet einen Gigot auf dem Grill, meine Frau Katharina kochte ein Gratin und Gemüse, während sich die Enkel mit Bällen, Velos und im Wasser herumtollten. Meine Schwägerin Marion machte einen Schwedenkuchen mit chinesischen Ornamenten und TeigTaschen darauf. In den TeigTaschen waren nach chinesischem Brauch Zettelchen mit sinnigen LebensWeisheiten versteckt. Es ist wunderbar, so verabschiedet zu werden und das ist auch der Grund, weshalb ich mich gegen Ende jeder Reise immer wieder so auf das Nach-Hause-Kommen freue. 

Sa, 21.4.2018 Wetzikon. Heute stellte ich nochmals mein Zelt im Garten auf und kontrollierte alle möglichen Befestigungsarten für die verschiedenen Böden, die schaufelförmigen  und die Sandsäckchen für die Sandwüste und die Stahlnägel für ganz harte Böden usw. Diesmal sollte mit den Heringen nichts mehr schief gehen. 

Auch lud ich ein VPN-Programm auf iPhon und iPad, denn China scheint das ganze ausländische Internet gesperrt zu haben. Ob ich damit allerdings die Chinesen überlisten kann bezweifle ich selber.

April 2018

Ich habe zwar gemeint, meine Ausrüstungen seien nicht gegen Diebstahl versichert. So fast zum Jux schaute ich dann aber in meine Mobiler-Versicherung und stellte fest, dass ich den Schaden tatsächlich versichert habe. Ich reklamierte somit immerhin 1700 Franken. Schlussendlich erhielt ich Fr 1 500.—.

März 2018

Nachdem sich mein altes Zelt letztes jähr als nicht wüstengängig erwiesen hat und mir letzten Herbst die gesamte CampingAusrüstung in Calama in Chile ohnehin gestohlen worden ist komplettierte ich meine Ausrüstung, diesmal mit sandgängigen Heringen und Verankerungen

Februar 2018

Ich bin auf 3 Reisen bereits von Lissabon über Wetzikon (umgekehrt), Istambul, Teheran und Tashkent bis Kashgar in China gefahren. Es wurmt mich noch immer, dass ich vor einem Jahr meine geplante Reise von der Türkei nach Shanghai nach der Hälfte in Kashgar (WestChina) abgebrochen und somit die Reise vom Atlantik bis zum Pazifik nicht geschafft habe. Der Grund dafür war, dass mein altes Zelt nicht wüstengängig war und ich somit im Sand der TaklamakanWüste gar nicht zelten konnte, vor allem aber, da es zumindest in Uigurien (Moslems, arabische Schrift, TurkSprache) PrivatPersonen und kleinen HerbergeBesitzern strengstens verboten ist, Ausländer zu beherbergen. Nur schon bei einer Anfrage gerieten die Leute geradezu in Panik.

Ich machte mir also Gedanken, den Pazifik ab Taschkent über Kasachstan, Sibirien und der Mongolei oder mittels einer nördlichen Umfahrung zu erreichen. Die Distanz-Unterschiede sind allerdings gross. Die grüne Reise beträgt mit dem Velo etwa 9500 km, die blaue etwa 8500 km. Ausserdem ist die blaue Reise sehr kompliziert. Ich brauche dafür Visas von Usbekistan, Kasachstan?, Russland, der Mongolei und China. Der Grund für den grossen Umweg der blauen Route über Barnaul ist die Tatsache, dass keine Strasse durch das AltaiGebirge führt. (Vor etwa 25 Jahren war ich dort oben, in UstKaminogorsk, um die Möglichkeit zu erkunden, TreckingReisen zu organisieren)

 

Trotz meiner Aversion gegen China habe ich mich also entschlossen, die rote Reise ab Kashgar (China) durch die TaklamakanWüste nach Hami, entlang der Wüste Gobi nach Lanzhou, über Xi’An (Ende der Seidenstrase) nach Shanghai zu fahren, also wie ich es schon vor einem Jahr vorgesehen hatte. Die theoretische Distanz beträgt mit dem Velo knapp 6'000 km.

 

1. Reise Sommer 2017 (HauptReise)

Mo/Di, 17./18.7.2017, Heimflug.

Der Heimflug war lang, nämlich über Ürümqi nach Peking und von dort direkt nach Zürich. In Peking mit Velo auschecken und wieder einchecken. In Kloten montierte ich bei der GepäckAnnahme mein Velo wieder und da ich ja noch einen Platten hatte wechselte ich noch den Schlauch. Aufgrund des schönen Wetters fuhr ich die 30 km per Velo nach Wetzikon.

Am Nachmittag war ich schon wieder mitten 'im Schoss meiner Familie', bei Katharina, meinen Kindern und meinen Enkelkindern. Ich werde nicht allzu lang haben, um meinen Frust über China anzubauen. Ich danke allen, die mich auf meinem Tagebuch 'verfolgt' haben und wünsche vorerst weiterhin einen schönen Sommer. Bis zu einem späteren Zeitpunkt, Urs Egli.

 

Zusammenfassung der Reise: (verkürzte) SeidenStrasse

Velodistanz ab Start in Wetzikon/Trabzon (TR) am So, 18.5.2017 - Kashgar (China) am Di, 18.7.2017 : 4674km. Total 62 Tage, davon 25.5 Flug-, Ruhe- und SightSeeing-Tage (ohne Velo) und 36.5 Velotage, durchschn. Distanz pro Velotag 128 km.

Türkei

Da es den ganzen Tag bergan ging fielen die Temperaturen auf 6° hinunter. Dauernd 10° Steigung, gerademal 6 km/h und das viele Stunden lang. HochlandAnatolien muss zuerst mal erkämpft werden. Manchmal durch wilde Schluchten aber auch durch ausgesprochen schöne, alpine Landschaften. Den Pass erreichte ich auf 1850 müM - und das ab Meereshöhe. (Auszug aus dem ersten Tagesbericht, aber so ging es 7 Tage mit viel Regen weiter)

Iran

Nur noch schönes Wetter bei laufend steigenden Temperaturen bis 40° und prallem Sonnenschein. Der absolute Höhepunkt war allerdings Qadr-Night (Nacht der Bestimmung). Der Jahrestag, an dem Allah Mohammed den Koran übergab, ein heiliger Tag für alle Moslems.
Ausserdem jährte sich der Todestag von Imam Ali Reza, für den der Holy Shrein in Mashhad, dem wichtigste Pilgerort Irans, gebaut wurde, ein Heiligtum gigantischen Ausmasses und unbeschreiblicher Pracht.
In dieser Nacht versammelten sich 1 - 1.5 Mio Gläubige in und um das Heiligtum. Und ich war genau zu diesem Zeitpunkt in der Stadt und, unbehelligt, mittendrin. Trotzdem, bei so vielen in den schwarzen Tschador gekleideten Frauen wurde mir unheimlich, die soziale Konformität der Gesellschaft steht in völligem Kontrast zur Freiheit in Europa.

Turkmenistan

Ein Polizei und KontrollStaat der Extraklasse, den ich komplett mit einem Taxi durchfuhr, da mein Visum nur für zwei Tage gültig war. Das reicht für eine Strecke von 500km mit dem Velo unter keinem Titel.

Usbekistan

Die Stätten Bukhara und Samarkand, HighLights der SeidenStrasse sind sehr eindrücklich. Usbekistan war aber vor allem geprägt durch einen grossen Leistungsabfall aufgrund Salz und MineralienMangel. Drei Ruhetage in Taschkent brachten mich wieder auf den Damm und dank durchgehendem SuppenEssen mit viel Salz konnte ich die Krise überwinden.

Kirgistan

Vor Osh fiel mir eine Krone aus den oberen Frontzähnen und ich musste mir ein Provisorium montieren lassen. HöhePunkte war allerdings die mehrtägige Durchquerung des grossartigen PamirGebirges mit Pässen bis über 3700müM (höchster Berg >7100müM) und mein erzwungener Wartetag wegen geschlossener Grenze zu China im verschossensten Ort der nördlichen Hemisphäre, und dies ausgerechnet an meinem Geburtstag.

China (Xinjiang)

Mein Waterloo. Nach einigen Tagen und einer fürchterlichen Nacht unter einer EisenbahnBrücke bei Sand-und Staubsturm in der TaklamakanWüste musste ich zur Kenntnis nehmen, dass ich in der Provinz Xinjiang, also noch für 2000 km ausserhalb grosser Städte keine Unterkunft erhalten würde. Ev. Hotels und allen Privaten ist die Unterbringung von Ausländern strickte verboten. Im Sand zu zelten ist unmöglich (da hält kein Hering), ohne Zelt zu nächtigen ist wegen dauernder Staubverfrachtungen in BodenNähe noch unmöglicher. Ich zog die Konsequenzen und brach die Reise, höchst enttäuscht ab. Wenn auch verkürtzt war es eine sehr abenteuerliche Reise.

 

So, 16.7.2017, Kashgar4, Wartetag. Wetter: Schön, 30°.

Die PolizeiPräsenz in dieser Stadt, aber auch auf dem Land ist erdrückend. Es hat an jeder Ecke eine PolizeiStation mit mehreren untätigen Polizisten davor, überall herumstehende DreierGruppen mit den Rücken zueinander, andere Dreiergruppen im Gänsemarsch, einer mit Schlagstock, der zweite mit Gewehr und der Dritte mit einem ZweiSpitz, alle mit kugelsicheren Westen und vielfach mit SchutzSchild. Dann wieder fahren drei PolizeiBusse hintereinander im SchrittTempo mit Blaulicht und vollem CisGis-Horn im 10-MinutenTakt durch die Strassen. Es gibt gepanzerte AmphibienFahrzeuge am Zentralplatz. Polizei bei jedem grösseren Laden und vielen StrassenUnterführungen mit PersonenScannern. Immer wieder IdentitätsKontrolle der TöffliFahrer. Die MachtDemonstration des Staates ist total. Die Kosten für 'Sicherheit' müssen exorbitant sein, anteilsmässig sicher 5 Mal höher als in der Schweiz wo aber das Vertrauen in die eigenen Bürger 20 Mal grösser ist.

Aber à propos Töffli. Es hat 10-Tausende sogenannter Scooters (Roller), die haben zwar eigene Fahrspuren, fahren aber hemmungslos auf den Trottoirs. Und das ist sehr gefährlich, denn die Dinger hört man nicht. Denn ausnahmslos alle sind elektrisch angetrieben. Ich sah das schon vor ca. 8 Jahren in Shanghai und wundere mich immer noch, warum diese gescheiten Maschinen nicht nach Europa importiert werden. Kashgar ist eine saubere und aufgeräumte Stadt. Überall wird gereinigt und gewischt. Ist auch nötig, denn bevor alles wieder aufgenommen wird wird es schon fast aus Prinzip auf den Boden geworfen. Auch die StadtReinigungsKosten betragen im Verhältnis ein Mehrfaches wie in der Schweiz.

Morgen fliege ich gezwungenermassen wieder nach Hause. Ich bin sehr enttäuscht und habe eine RiesenWolle auf China. Ich habe bis heute über 60 Länder bereist aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Die alte SowjetUnion lässt grüssen. Ich habe versucht, über Google herauszufinden, ob das faktische Übernachtungsverbot voraussehbar gewesen wäre, aber die Google-Seite ist in China gesperrt. Höhere Gewalt eben.

Sa, 15.7.2017, Kashgar3, Wartetag. Wetter: Schön, 30°.

Bei jeder Reise verursacht der Rücktransport des Velos einen grossen Aufwand. Heute morgen fuhr ich nochmals zum Flughafen. Im gleichen Taxi war ein Chinese, der ab meiner Nationalität fast ausser sich geriet. Er zeigte mir Fotos von Luzern und Zürich und natürlich seine Tissot-Uhr. Er half mir mit seinen Englischkenntnissen herauszufinden, ob ich nun ein verpacktes Velo auf meinen Flug aufgeben könne oder nicht. Nach zwei kategorischen 'Nein' kristallisierte sich langsam ein 'Ja' heraus. Ich geb's ja zu, so sicher bin ich immer noch nicht. Trotzdem machte ich mich auf die Suche nach einem VeloShop, den ich dann auch tatsächlich fand. Danach fuhr ich zurück in mein Hotel, konnte das Velo in ein hoteleigenes Auto laden und zurück zum Veloshop fahren. Dort wurde das Velo zur kleinsten Paketgrösse reduziert, die ich je gesehen habe. Superarbeit zwar, aber in Kloten werde ich zwei Stunden haben, um das Velo wieder zusammenzustellen. Ausserdem hatte ich wieder einen Platten. Mit dem Hotelauto fuhr ich samt Velo zurück zum Hotel.

Den Nachmittag verbrachte ich schlendernderweise in der uigurischen Altstadt und deren Umfeld. Zurück im Hotel konnte ich mein FlugTicket von RewiReisen auf's iPhone laden. Ich mache schon fast eine FlugWeltreise. Abflug ist am nächsten Mo, 17.7.2017 um 16 25. Mit einer Zwischenlandung in der uigurischen Hauptstadt Ürümqi fliege ich nach Osten, nach Peking. Von dort direkt nach Zürich/Kloten, wo ich am Di, 18.7.2017 um 07 25 ankommen werde. Und das, wo ich fliegen derart hasse. Jetzt muss nur noch die VeloAufgabe klappen.

Fr, 14.7.2017, Kashgar2, ReflexionsTag. Wetter: Schön, 30°.

Im Führer wurde mir eine ReiseAgentur im SemanHotel empfohlen, die ich zeitig aufsuchte. Mr. Wahab sprach sehr gut englisch und konnte mir auf alle meine Fragen Antwort geben.

Generell:
Aufgrund vieler Unruhen zwischen einheimischen, muslimischen Uiguren (TurkSprache, arabische Schrift) und eingewanderten (importierten) HanChinesen gelten in der Provinz Xinjiang schärfere Gesetze und Kontrollen. Dh folgendes:

Übernachtungen zwischen grösseren Städten:
Die sind generell unmöglich. Hotels dürfen keine Touristen beherbergen und Privaten ist dies in der ganzen Provinz ebenfalls strickte verboten. Campieren ist allerdings erlaubt.

1.Alternative: Mit dem Zug durch Xinyiang bis in die Provinz Gansu (etwa 2000km), wo obige Restriktionen scheinbar!? nicht gelten. Damit würde ich allerdings die interessantesten Landschaften (Taklamakan, Gobi), die ich unbedingt mit dem Velo durchfahren wollte, nur aus dem ZugsFenster sehen und während der Nacht überhaupt nicht.

2.Alternative: Über den Karakorum-Highway nach Islamabad. (Ab Islamabad habe ich einmal eine 6000kmReise durch Indien nach SriLanka unternommen, mit der Fahrt über den Karakorum würde ich eine Lücke schliessen). Allerdings ist nur die Strecke bis Tashkorgan mit dem Velo erlaubt. Ab Tashkorgan ist die Fahrt mit dem Velo generell nicht gestattet, ich müsste per Bus oder Taxi bis zur pakistanischen Grenze. Ab dort gäbe es auf pakistanischem Boden keine Einschränkungen. Da Kashgar aber kein pakistanischen Konsulat hat bekomme ich kein Visum. Hätte ich vorbereiten müssen. Ausserdem ist der Karakorum Highway nur mit dem Erfahren des 4700m hohen KhunjerapPasses ein begehrenswertes Abenteuer.

3.Alternative: Abbruch der Reise und Heimflug.

Entscheid: Ich habe noch nie eine Reise abgebrochen und ich bin ja nicht gerade ein ausgesprochenes WeichEi, aber weitere 15 Übernachtungen im Freien würde ich unter keinem Titel durchstehen. Die Weiterfahrt auf geplanter Route ist unmöglich. 2000km mit dem Zug durch halb China zu fahren ist uninteressant, das kann ich dann in 10 Jahren noch machen. Der seit langem in meiner Phantasie herumgeisternde Karakorum-Highway muss ich mir wohl abschminken. Bleibt somit nur noch der Abbruch der Reise. Ja, ich werde bei erster Gelegenheit heimfliegen.

Ich besuchte dann die sogenannte Altstadt von Kashgar, dh, was davon noch übrig blieb. Eine MemorialHall über diese alte Stadt öffnet erst im August und so machte ich mich auf eine Odyssee mit Taxis, denn das das grösste Problem bei einem Heimflug ist immer das Velo. Im Flughafen merkte ich, dass das Velo nicht, wie auf der ganzen Welt, mit dem Gepäck aufgegeben werden kann. Ich wurde zum FrachtHafen verwiesen. Dort allerdings akzeptieren sie nur InlandTransporte und bei einem ev. Umlad hätte ich selber dort sein müssen. Blödsinn. Ich wurde zu EMS, der Spedition der chinesischen Post verwiesen. Diese fand der Taxidriver. Die würden den Transport übernehmen: 400$ bei Ablieferung innert einer Woche,200$ innert 3 Wochen. Allerdings müsste das Velo von einem Veloshop professionell verpackt sein. Trotzdem ich zwei Adressen von VeloLäden hatte fand sie die TaxiDriverin nicht. Ich stand somit ziemlich am Hag. Übrigens: Ein Ticket nach Zürich scheine ich in Kashgar gar nicht lösen zu können. So versuchte ich es über das Kuoni-Reisebüro in Wetzikon (Frau Villasante kennt mich) und von dieser Seite kann ich ein Ticket bekommen. Für das Velo habe ich noch keine Lösung.

Do, 13.7.2017, Kashgar. Schäkarkölzhan-Artush-Kashgar, 172km. Wetter: Bewölkt, 33°. Hotel International, sFr 54.--.

Meine Nacht nahm dann allerdings dramatische Züge an. Plötzlich zog vom Gewitter nördlich von mir regelrechter Sturmwind auf. Der vorige Teil meiner UnterlagsPlane wehte es über mich und während ich versuchte die Plane mit Steinen zu beschweren flogen Schlafssack und Luftmatrazze davon. Ich liess dann dem freien Teil der Plane freien Lauf und schätzte den Effekt der über mir flatternden Matte. Sie schützte mich vom Wind, vor allem aber vom Staub, der so über mich geleitet wurde. Später kam noch leichter, horizontaler Regen dazu. Das ging etwa eine Stunde so. Und dann kam der erste Zug. Der Lärm war ohrenbetäubend. Aber als der Zug vorbei war, war auch der Wind und der Regen vorbei. Zufall. Mit meiner Stirnlampe inspizierte ich die Lage und konnte feststellen, dass wohl nichts fortgewindet wurde. Nur das Velo war umgefallen. Die Plane war Gold wert. Ohne sie wäre ich eine Staubmumie und zusammen mit dem Regen wohl einbetoniert.

Mit der folgenden Windstille kamen allerdings die Mücken - die Ameisen waren schon da. Die Ruhe dauerte aber nicht lange. Eine Gewitterzelle baute sich plötzlich südlich von mir auf und der Wind kehrte zurück und mit ihm der Sand und vor allem der Staub. Das ging die ganze Nacht so, ich habe kein Auge zugetan. Ich war immer damit beschäftigt, mich gegen alle Unbill zu schützen.

Wenn ich zwischendurch mal etwas Ruhe hatte begann ich zu überlegen, wohin ich denn am Morgen fahren sollte. Es war klar, ein Hotel für Foreigners gab's nur in grösseren Städten, auf meiner Route also alle ca 500km und das für die nächsten 2000km. Die drei Nächte dazwischen gibt's keine Unterkunft, weder in einem Hotel (an kleinen Orten entspricht deren Qualität der einer Höhle) noch in einem Privathaus resp. in dessen Umfeld. Das ist alles gesetzlich verboten. Das wurde mir gestern mehr als bewusst, die Leute würden nie gegen die Gesetze verstossen. Ich schlafe also ausschliesslich im Freien. Ein Zelt im Sand, und etwas anderes als Sand hat es nicht, aufzustellen ist unmöglich, da hält kein Hering. Aber selbst wenn ich ein sogenanntes 'Wurfzeit' gehabt hätte (ohne Heringe), wäre das gestern schlicht durch die Luft geflogen. Und ohne Zelt? - siehe diese Nacht! Aber auch bei mässigem Wind ist die Staubverfrachtung in BodenNähe sehr gross. Irgendwo auf dem Boden zu liegen ist unmöglich. Die Botschaft war klar: China verbietet IndividualReisenden schlicht die Durchfahrt durch das Land. Es ist zwar wohl nicht direkt verboten, es wird einfach unmöglich gemacht. Der Weg nach Oste war mir also versperrt.

Die lang ersehnte Dämmerung begann etwa um 7 Uhr. Ich packte alles zusammen und fuhr den ganzen gestrigen Weg zurück und weiter bis Kashgar (Kashi). Da ich gerade dort vorbei kam stieg ich im grössten und wohl auch besten Hotel der Stadt ab. Dass der Präsident Chinas nicht mehr in der Stadt weilte erkannte man an der leeren Lobby und am DiscountPreis, den ich ohne viel Markten erhielt. Ich genoss vorerst einmal die Dusche, ein gutes Abendessen und ein flauschiges Bett, kurz, das KontrastProgramm zum gestrigen Abend. Ich werde morgen entscheiden, was ich weiter unternehmen werde.

Mi, 12.7.2017, Schäkarkölzhan. Artush-Schäkarkölzhan, 126km. Wetter: Schön, 38°. Übernachtung unter Banbrücke, sFr 0.--.

Die ganze Strecke fuhr ich entlang der TienShan-Abflachung knapp über der Wüste auf sehr guter Strasse praktisch ohne Verkehr. In einigem Abstand gab's eine moderne, ausgewachsene Autobahn, ebenfalls fast ohne Verkehr. Und nochmals daneben fuhr etwa alle drei Stunden ein Zug auf ziemlich neu erstellten Geleisen.

Dieser geringe Verkehr auf besten Verkehrswegen liess mich nicht auf eine Unterkunft hoffen, denn auf der ganzen heutigen Strecke gab's keine erkennbare Siedlung. Irgendwo kriegte ich trotzdem einen Teller Nudeln mit Gemüse. In Schäkarkölzhan fragte ich nach einer Unterkunft. Eine solche gab's tatsächlich - aber nicht für Ausländer. Einer kam mit mir zu einer Polizeistation, wohl um eine Sonderbewilligung zu ersuchen. Ich merkte allerdings, dass eine solche niemand erteilen konnte und verliess die Szene. Da ich durch das dreifache Hin-und-Herfahren wohl auch auf dem Radar der 2. PolizeiStation war fuhr ich etwas zurück und fragte bei zwei älteren Damen, ob ich unter dem grossen Vordach übernachten könnte (alles mit Gebärden selbstverständlich). Eine gab mir so etwas wie eine Matrazze und ein Kissen (beides war mit Sicherheit noch nie gewaschen), mein offeriertes Lager war allerdings unter freiem Himmel, aber zumindest auf einem Betonboden. Ich bekam dann auch Wasser, um das neuerliche MiniLoch in meinem hinteren Schlauch zu suchen, denn ich hatte wieder einen Platten. Diesmal allerdings fand ich das unglaublich kleine Drähtchen, das wohl auch für die letzten Plattfüsse verantwortlich war.

Trotzdem die beiden Damen Fleischsuppe kochten wurde ich aufgefordert, in einem Restaurant in der Nähe etwas zu essen, was ich dann tat. Auch wurde mir nicht einmal eine Tasse Tee offeriert und ich fragte mich so gegen 9 Uhr, ob sie mich schlussendlich noch loswerden wollten, so knapp vor Einbruch der Dunkelheit. Und genau das geschah. Sie hatten Angst vor der Polizei, wenn sie mich übernachten liessen. Eine Stunde vor Nachteinbruch musste ich gehen. Ich klopfte noch einmal beim 'Hotel' an, aber die Dame zeigte auf eine Affiche, wohl mit dem Verbot und den Konsequenzen bei Zuwiderhandlung.

Also fuhr ich wieder von dannen bis ich eine BahnUnterführung sah. Unter der Brücke schürgte ich die Steine und den Kies mit den Schuhen von der Betonplatte und richtete mein Lager ein. Mit einem Liter Wasser und dem Wäschplätz wusch ich mich und richtete mich ein. Allerdings fuhren Bauern mit ihrer Ernte auf diesem Weg ins Dorf und erzählten sicher jedem, dass unter der Brücke einer sein Nachtlager hat. Und einer hat sicher so eine Profilierungsneurose und erzählt es einem Polizisten. Sollte campieren ebenfalls verboten sein, hätte ich ein Problem mehr. Rechts von mir, im TienShanGebirge blitzte und donnerte es und es war rabenschwarz. Ich hoffe, die Brücke ist dicht. Ausserdem 'regnete' es Sand und Mücken hatte es auch. Das gibt eine interessante Nacht. Morgen starte ich beim ersten Tageslicht.

Di, 11.7.2017, Artush/Kashgar. Wuqia (2100müM)-Artush(1300müM), 106km. Wetter: Schön 33°. YaCing Hotel, sFr 27.--.

Heute morgen erwachte ich erst um halb acht und wurde etwas zornig auf mich. So spät stehe ich nie auf. Als ich dann aber mit meinem Gepäck in der Lobby ankam schlief die Receptionistin noch hinter der Theke. Dann wollte ich in der Umgebung noch etwas zum Frühstück. Aber Restaurants und Läden waren alle zu. Auch hatte es kaum Leute auf der Strasse. Der Grund ist: Gestern haben wir die Uhren 2 Stunden vorgestellt. Innerhalb von China gibt es keine Zeitumstellungen mehr. Und da ich mich äussersten Westen der Landes befinde richten sich die Leute nach ihrer inneren Uhr und öffnen die Läden halt nicht um 8, sondern erst um 9 Uhr. Ich bin somit bis ans Ende meiner Reise immer 6 Stunden vor der Schweizer Zeit.

Die heutige Fahrt war einfach: Autobahn praktisch ohne Verkehr, laufend leicht bergab fahrend, durchgehender Rückenwind., erst durch bizarre, kahle FelsLandschaften, weiter unten durch Zitrus- und TraubenKulturen. Nach der Autobahn fand ich die reguläre Strasse G314, der ich hunderte Kilometer folgen werde.

Zweimal musste ich, wie alle Autos auch durch Polizeikontrollen. Nur, ich musste zusätzlich ins Polizeihaus zur PersonalienKontrolle. Ich der Stadt Artush wurde ich zusätzlich von der Polizei angehalten und kontrolliert. Dann kam eine zweite Patrullie und zu sechst inspizierten sie meinen Pass. Dann musste ich in den PolizeiVan steigen. Ein Polizist hockte auf mein Velo und fuhr davon. Ich konnte mich kaum mehr beherrschen ab dieser Frechheit. Wir fuhren dann etwa zwei Kilometer zu einer PolizeiStation. Mein Velo stand schon dort. In der Station drin waren schlussendlich 10 Polizisten, die alle sehen wollten, von welchen Ländern ich schon ein Visum hatte. Nach einer halben Stunde bekam ich den Pass wieder und konnte sang- und klang wieder gehen. In China wimmelt es nur so von Polizisten, PolizeiAutos und PolizeiStationen. Auch in den Hotels wird ein eintretender Gast gescannt und das Gepäck geht durch einen TunnelScanner.

Obwohl Kashgar für mich eine schon fast magische Stadt ist (westlich der Wüste Taklamakan, östlich des PamirGebirges, südlich des TienShanGebirges und nördliche des Karakorums mit dem KarakorumHighways aus Pakistan, alle Gebirge mit Bergen über 7000müM) fuhr ich direkt nach Artush. Mit Xi Jinping in der Stadt finde ich kein Zimmer mehr.

Mit dem heutigen Ziel habe ich das PamirGebirge hinter mir gelassen. Eine sehr strenge Fahrt durch eine grandiose Gegend und miserablem BeherbergungsKomfort. Morgen fängt ein ganz anderes Kapitel an, die Taklamakan Wüste, wobei mir nicht die Fahrten etwas Sorgen bereiten sondern die Frage nach den Unterkünften. Aber es werden sich sicher Lösungen ergeben.

Mo, 10.7.2017, Wuqia (China). Irkeshtam (2900müM)-Grenze zu China-Wuqia (2100müM), 14km mit Velo, 145km im Taxi.

Um 7 30 starteten die LastwagenMotoren. Ich verpflegte mich nochmals mit einigen Jogurts und wartete geduldig auf die Grenzöffnung, zusammen mit dem Läuferteam mit ihrem wunderschönen Gefährt, dem Rheintaler, der Finnin und mit einem jungen Israeli, der chinesisch sprach. Der Grenzübergang auf kirgisischer Seite war problemlos, derjenige auf der 10km entfernten ersten Station der Chinesen weniger. Aber immerhin, wir kamen nach zwei Stunden durch 4 elektronische PersonenScanner und kompletter GepäckKontrolle weiter. Hier mussten die Uhren 2 Stunden vorgestellt werden.

Der wichtige CheckPoint, wo der EinreiseStempel in den Pass kommt, liegt aber 145 km weiter östlich bei Wuqia. Bis dorthin darf ich aufgrund militärischem Sperrgebiet nicht mit dem Velo fahren, sondern muss mich an einem der Taxis beteiligen. Zu Sechst (obige 4 plus 2 Chinesen) pferchten wir uns samt Velo in einen Van und wurden auf wiederum bester Strasse über drei Pässe durch eine einzige Gebirgswüste, nur unterbrochen durch einige grüne Flusstäler, chauffiert.

Den 2. Checkpoint vor Wuqia hätte ich alleine wohl nie gefunden. Ich glaube, die lassen IndividualReisende absichtlich ins Leere laufen. Mit dem Taxi kamen wir zwar hin aber nicht durch und mussten 1 1/2 Stunden in einem VorGebäude warten, wegen der MittagsPause. Dies trotzdem es bereits nach drei Uhr war. Danach ging's ins HauptGebäude. Das erste war Fiebermessen. Dann ging' noch einmal 1 1/2 Stunden. Um 5 Uhr waren unsere Pässe abgestempelt.

Meine drei temporären Reisegenossen nahmen ein Taxi bis Kashgar während ich in der Stadt Wugia ein Hotel suchte. Als ich dann einmal das Zentrum der Stadt gefunden habe fand ich auch ein Hotel. Endlich wieder mal duschen, mit kaltem Wasser zwar aber dafür mit Seife. Auch konnte ich wieder Wäsche waschen. Und dann Hähnchen essen und in einem Laden ein Bier kaufen und auf's Zimmer nehmen mit einer Packung Bisquits. Dann fing ich an mein vernachlässigtes Tagebuch mit meinen Berichten zu laden, denn ich hatte auch wieder einmal WiFi, sehr langsam zwar, aber immerhin. Nachtrag: Das Hochladen musste ich auf 2 Uhr morgens verschieben, vorher ging nichts.

So, 9.7.2017, Irkeshtam2, ZwangsPause. Wetter: Schön, 25-30°. Hotel ??, sFr 2.--.

Heute 'feiere' ich meinen 72. Geburtstag. Sehr abgelegen, sehr einsam. Dank meinem Velospiegel konnte ich mich nach einer superklaren VollmondNacht ordentlich rasieren und machte mich nach 7Uhr zum BauWagenRestaurant. Das war allerdings nicht nicht geöffnet. Darum kaufte ich im BauwagenLädelchen 6 Jogurts und verspeiste sie auf einem LastwagenPneu.

Doch, oh Schreck. Entgegen den Angaben in meinem Führer war die Grenze heute Sonntag geschlossen. Zum Glück konnte ich mich mit einem 60-jährigen Mann, einem ehemaligen Englischlehrer verständigen. Er zeigte mir die 'beste' Unterkunft des Ortes. War auch nicht viel besser, aber noch billiger, als gestern, aber zumindest in einem soliden Gebäude, es wurde somit unter Tags nicht so brütend heiss, wie im BlechContainer.

Was mache nun einen ganzen Tag in diesem völlig abgelegenen und total heruntergekommenen Ort? Ich lief mal die wartende LastwagenKolonne ab und traf auf einen VW-Käfer mit angehängtem Kleinwohnwagen. Das Gespann habe ich gestern schon von Weitem gesehen. Heute nun verbrachte ich den ganzen Tag mit den zwei Hamburgern. Kai ist der Läufer und Markus sein Begleiter mit dem Auto. Dh, Kai läuft die ganze Strecke von Hamburg bis Shanghai, 12'000km! Er ist gesponsort durch verschiedene Firmen und einer deutschen FernsehStation, die die Reise auch im Fernsehen dokumentiert. (runmysilkroad.com)

Um die Mittagszeit wurden wir von vier chinesischen LastwagenFahrern in ihrem Auflieger zum Mittagessen eingeladen. Phantastischer KulturAustausch. Am Abend kamen dann noch ein Rheintaler und eine Finnin mit einem Kleinbus dazu und wir vereinbarten gemeinsam über die Grenze zu gehen. Es scheint sehr unsicher zu sein, ob ich durch das grosse militärische Sperrgebiet radeln darf. Meine Freunde mit dem Käfer brauchen sogar einen Reisebegleiter mit eigenem Fahrzeug (schon in Usbekistan und Kirgistan). Kostet richtig Geld. Da ich nirgends chinesische Jüan wechseln konnte gab mit Kai solche im Gegenwert von etwa 60 Franken. Sorge macht mir ein bisschen, dass sich in Kasgar (China), wo ich einen Ruhetag machen wollte, Xi Jinping, der Präsident Chinas, zu Besuch aufhält und die ganze Stadt wohl ausgebucht ist. Alles in allem kam der Tag über Erwarten gut heraus, sehr interessant und kurzweilig -- und Komfort ist ja immer relativ.

Sa, 8.7.2017, Irkeshtam. SariTash (3200müM)-IrkeshtamPass (3780müM)-Irkeshtam (2900müM), 78km. Wetter: Schön, 20-30°. Hotel BaustellenContainer, sFr 3.--.

Gerade als ich abfahren wollte wurde ich auf SchweizerDeutsch angesprochen. Eine ganze Reisegruppe war mit einem HotelBus unterwegs. Sehr bequem. Dann fuhr ich durch und entlang einer grossen Hochebene direkt am Fusse des grossartigen PamirHauptkamms. Ein grandioses Bild. Allerdings kämpfte ich mit dem stärksten Gegenwind, den ich je auf Dauer erlebt habe. Auch bei ebenem Gelände fuhr ich höchstens 8 km/h, wenn's dann noch bergauf ging nützte nur noch stossen. Zum Glück ging es nach dem Pass weit bergab und ich konnte wieder Zeit gutmachen. Die Strasse ist auf 10m Breite durchgehend asphaltiert und sicher für wesentlich mehr Verkehr gebaut, trotzdem kommt nur alle 10 Min ein Auto oder ein Lastwagen vorbei.

Ich wusste, dass mich in Irkeshtam die wohl schäbigste Unterkunft erwarten würde, die je gesehen hatte. Ich schlafe in einem fürchterlichen BaustellenContainer. Ich habe eine kleine Kanne Wasser zum Waschen. Toilette wird irgendwo in der Umgebung sein. Zum Glück habe ich einen Schlafsack. Ich bekam eine FleischSuppe in einem BaustellenWagen und TrinkProviant in einem anderen. Zum Glück haben wir schönstes Wetter, bei Regen gibt es hier nur noch Dreck und Schlamm. Morgen geht's nach China.

Fr, 7.7.2017, SaryTash. Gülchö (1500müM), TaldykPass (3615müM)-SaryTash (3200müM),114km, >12 Std im Sattel. Wetter: Leicht bewölkt, 25°. Hotel ??, sFr 10.--.

Da ich einen sehr strengen Tag vor mir hatte sass ich schon vor 6 Uhr im Sattel. Während etwa 80 km fuhr ich im Tal des GülchöRivers, der nach dem gestrigen Gewitter Hochwasser hatte. Auch kamen mehrere Erdrutsche die Hänge und Bäche runter, die die Strasse verschütteten. Irgendwann kamen mir drei Velofahrer entgegen, ein junger Deutscher und zwei Polen. Der Deutsche erkannte mich schon von Weitem an meinem geknöpften Nastuch auf dem Kopf. Wir sind uns vor ziemlich genau vor einem Jahr in Mazedonien schon einmal begegnet. Der Mann ist immer noch unterwegs, hat allerdings für ein halbes Jahr in einem Hotel in Georgien gearbeitet.

Hundert Kilometer Strecke und gleichzeitig 2100 Höhenmeter zurückzulegen ist schon anstrengend, das aber bis auf die absolute Höhe des Tödi's zu schaffen ist langsam grenzwertig, das heisst, die Luft wird dünn. Der Gipfel kam aber auf dem Gipfel, will heissen auf der Passhöhe von 3615 müM. Ich hatte wieder einen Platten. Nach 8 Uhr erreichte ich SaryTash und fand ein 'Hotel'. Das Zimmer war ganz recht, sonst aber war alles auf dem tiefsten Niveau oder nicht vorhanden. Immerhin erhielt ich eine GemüseSuppe mit Brot und, herrlich, ein Bier, und, damit ich nachher gut schlief, ein zweites. Ich hatte den ganzen Tag nicht den Anflug eines Krampfes und auch über die Nacht nicht. Meine konsequente 'SuppenKur' und meine selbst gebastelten elektrolytischen Getränke scheinen zu wirken.

Do, 6.7.2017, Gülchö. Osh (1000müM)-Chyrchyk-Pass (2408müM)-Gülchö (1500müM), 105km. Wetter: Leicht bewölkt, 25-30°. Privat-GuestHouse, sFr 15.--.

Nach 6 km merkte ich, dass ich den HotelSchlüssel nicht abgegeben hatte. Da sich die Leute des Hotels betreffend meinem Zahn so hilfsbereit verhalten hatten war ich es ihnen schuldig, den Schlüssel zurückzubringen. So kam ich zu einer ZusatzSchlaufe von 12km. Osh liegt auf 1000müM. Bis auf eine Höhe von 2100müM stieg die Strasse nur sehr flach an, erst die letzten 300 HöhenMeter nahm sie dann PassCharakter an. Auch wechselte der HausStil komplett. Unten alles feste Bauten, ab ca 2000müM nur noch Jurten.

Die grasbewachsenen, eher runden Hügel würden hundertausende Kühe vertragen. Es gibt aber vor allem Pferde und nur wenige Kühe und Schafe. Was mit dieser RiesenMenge Pferden geschieht weiss ich nicht. Vielleicht habe ich zum Mittagessen einen Teller PferdeFleisch gegessen.

Auf der Fahrt hinunter nach Gülchö kam ich zwei Mal an einer grossen Tafel vorbei mit einem Wegweiser in ein Seitental. Da wurde auf ein JurtenCamp hingewiesen mit Reit-, Wander und sogar BikerMöglichkeiten. Offensichtlich touristische Entwicklungshilfe, finanziert durch die Schweizerische Eidgenossenschaft und Helvetas.

Bei meiner Fragerei nach einem Hotel in Gülchö forderten mich zwei junge Burschen auf, ihrem Auto zu folgen. Sie führten mich zu ihren Eltern, die GästeZimmer vermieteten. Die Dame des Hauses machte mir eine GemüseSuppe, wegen eines Gewitters und Stromausfall allerdings auf dem GasNotKocher. Vor dem Ins-Bett-Gehen suchte ich noch die 'Toilette' im Garten auf. Und es ist schon so, ein Loch im Boden genügt vollständig, auch für das grosse Geschäft.

Heute habe ich den 4000-sten Kilometer durchfahren.

Mi, 5.7.2017, Osh3, Zahntag. Wetter: Bewölkt, am Morgen leichter Regen, 28°.

Heute nahm ich meinen ZahnarztTermin rechtzeitig war. Mir wurde das PlastikProvisorium, fachgerecht eingepflanzt und nach einer halben Stunde AbbindungsZeit wurde ich entlassen. Der neue Zahn sieht nicht gerade gut aus -- aber meine andern Zähne auch nicht. Da gab's allerdings noch einen Preisunterschied. In VirginiaBeach (USA) kostete ein einstufiges Verfahren, ebenfalls für ein KronenProvisorium, 1000$, hier das zweistufige Verfahren 20$. Ich hab mich dann mit dem Zahnarzt, der mir meine perfekte Krone zerstörte, innerlich wieder versöhnt.

Und da ich auch heute schlicht nicht wusste, was ich in Osh anfangen sollte und es ausserdem regnete (das erste Mal seit der Türkei) führte ich in meinem Hotel meine Liste aller durchfahrenen Länder nach deren Fläche, Einwohnerzahl, BIB/Einwohner und vor allem dem BIB/Einwohner kaufkraftbereinigt nach. Sehr aufschlussreich. Ausserdem las ich noch die letzten NZZ's zu Ende.

Für die nächsten 500 - 600km (etwa 6 Tage) ist eine ganz neue Landschaft angesagt. Es geht durch den nördlichen Pamir mit mehreren Pässen, der höchste auf 3615müM (TaldykPass) und Umgebungsbergen von 7000m (Peak Lenin 7134müM). Ich glaub es wird richtig abenteuerlich. Ich nehme an, dass ich bis Kashgar (China) kein W'Lan habe. Ich werde mich aber per SMS mit Katharina verständigen, ich nehme an, TelefonEmpfang ist ab und zu vorhanden. Die TagesBerichte schreibe ich natürlich weiter, sie werden bei W'Lan-Empfang 'nachgeliefert'. Ich bin unheimlich neugierig, was da auf mich zukommt.

Noch etwas: Manchmal bekomme ich ein FeedBack von Leuten, die mich über mein Tagebuch 'verfolgen'. Ich freue mich immer sehr darüber. Allerdings weiss ich auch, dass die Meinung, mich nicht mit Mails 'belästigen' zu dürfen, verbreitet ist. Liebe Freunde, ich habe viel freie Zeit und ich freue mich über jedes Mail, das mich erreicht. Und, versprochen, ich werde jede Nachricht beantworten. Hier meine Mail-Adresse: urs.egli@egli-e.ch .

Di, 4.7.2017, Osh2, Ruhetag. Wetter: Wechselnd bewölkt, 32°.

Trotzdem meine Krone perfekt zu halten schien suchte ich eine ZahnPraxis auf. Ein Tropfen 'Araldit' konnte ja nicht schaden. Als ich die Praxis betrat wollte ich das erst Mal zum Rückzug blasen. In diese Bude gehe ich nicht. Aber dann kam eine ÜbersetzungsHilfe des Hotels und ich konnte mein Problem einem jungen ZahnArzt plausibel machen. Schon beim Herausziehen merkte ich, wie gut die Krone wirklich hielt und wollte die Übung sofort abbrechen. Aber der Mann war bereits am Reinigen und kam entschuldigend zurück. Der hat es doch tatsächlich fertiggebracht, eine Flanke der Krone abzubrechen. Die Krone war unbrauchbar. Ich drehte fast durch. Ich war buchstäblich kaum mehr zu halten. Ich glaub, ich zitterte am ganzen Körper vor Wut.

Irgendwann muss ich mich wieder etwas beruhigt haben. Er würde mir heute einen Abdruck erstellen, morgen würde eine Keramik- (nicht Gold!) Krone erstellt, die er mir übermorgen einsetzen würde. Fast verpasste ich den nächsten ZahnarztTermin um 14 Uhr. Ich habe noch nicht gemerkt, dass In Kirgistan die Uhr eine weitere Stunde vorläuft. Es wurde mir ein Zahnabdruck genommen. Daraus wird mir ein PlastikProvisorium erstellt, das mir morgen eingesetzt wird. Für ein Definitivum müsste ich noch 3 Tage warten. Beim Aufstehen sichtete ich ein Pfund rohes Fleisch in einem Plastiksack unter einem Bildschirm. Aber eben, zuviel Hygiene ist auch ungesund.

In Osh gibt es kaum etwas zu besichtigen und da mein Tag sowieso mit meinen ArztTerminen zerschnitten war blieb ich im Hotel, lesend und schreibenderweise.

Mo, 3.7.2017, Osh (Kirgistan). Andijan-Grenze zu Kirgistan-Osh, 64km. Wetter: Teilweise bewölkt, 30°. Hotel Sunrise, sFr 60.--.

Der Grenzübergang nach Kirgistan war unproblematisch. Bei keinem der Posten musste ich mein Gepäck auspacken. Was für ein Unterschied zu Turkmenistan. Es gibt scheinbar keinerlei Grenzverkehr zwischen den Ländern. Kein Personenwagen, kein Lieferwagen, 2 stehende Lastwagen und kaum Fussgänger. Kurz, die Grenze ist dicht. Wegen der vielen Spannungen zwischen Kirgisen und Usbeken?

Da mein komfortables Hotel ziemlich ausserhalb der Stadt lag fuhr ich mit dem Taxi ins Zentrum. In einem grossen Markt fragte ich mich, was mit den Riesenmengen unverkaufter Ware, Früchte und Gemüse, geschehen würde, denn der Markt war um 7 Uhr am Schliessen. Nach einem NoodleTeller und Bisquits im Rucksack fuhr ich wieder ins Hotel.

Und da ist ja noch meine herausgefallene Krone. Heute morgen steckte ich sie wieder auf den Stumpf und war ganz erstaunt, dass ich davon den ganzen Tag nichts gespürt habe. Als ich so durch die Strassen ging und mir die vielen 'Goldenen Mäuler' ansah verzichtete ich darauf, überhaupt einen Zahnarzt zu suchen. Wenn ich mir beim Essen Mühe gebe, glaube ich, dass der Zahn hält. Na ja, grosses Fragezeichen. Morgen mache ich einen Ruhetag.

So, 2.7.2017, Andijan. Danghara-Boz-Andijan, 144km. Wetter: Bewölkt, 32°. Hotel BogisHamol, sFr 75.--.

Auch heute startete ich um 6 Uhr und konnte so die Morgenkühle geniessen. Die Route führte längs durch das sehr fruchtbare Fergantal, landwirtschaftlich die produktivste Provinz Usbekistans. Von einem sichtbaren Tal kann allerdings keine Rede sein, es ist eine riesige Ebene, gesäumt im Norden, Osten und Süden von grossen Gebirgen. Diese liefern jede Menge Wasser zum Bewässern der Kulturen. Schon um 11 Uhr verpasste ich mir einen SalzSchub in Form einer GemüseBrühe und Tee. In Andljon war das erste Hotel am Weg, ich glaubte meinen Augen nicht, ein 5*-Kasten. Dies im äussersten Osten von Usbekistan! Ich hatte nicht im Sinn hier zu bleiben, als ich dann aber den Zimmerpreis von 120 auf 75$ markten konnte, blieb ich.

Der Abend dann erinnerte mich an Onley in Delaware auf meiner USA/KaribikReise. Damals fiel mir eine Krone auf der rechten Seite heraus, heute eine solche auf der linken Seite. Nur, in Amerika fand ich problemlos einen Zahnarzt, der das flicken konnte, aber hier, in Usbekistan oder ab morgen in Kirgistan? Und wie heisst es noch: Heimat ist, wo dein Zahnarzt ist.  Stimmt.

Sa, 1.7.2017, Danghara. Angren-KamchikPass (2259 MüM)-Danghara, 136km. Wetter: Stark bis leicht bewölkt, 20-35°. Hotel ETC, sFr 20.--.

Abfahrt war um 6 Uhr, denn der heutige Tag drohte lang zu werden. Ich fuhr 45km flussaufwärts, vorbei an einer gigantischen Kohlengrube von vielleicht 5km Durchmesser und 400m AbbauTiefe, vorbei an einem sehr langen Stausee und entlang einer neu gebauten Bahnlinie. Ich kam kaum vorwärts trotz der geringen Steigung. Als dann danach der wirkliche Pass anfing bin ich die Hälfte des Aufstieges aus Rücksicht auf meine Krämpfe gelaufen. Die ganze Strasse ist entweder schon in perfektem Beton auf 11 m Breite pro FahrtRichtung ausgebaut oder sie wird gerade durch eine deutsche Firma neu gebaut. Die Passhöhe liegt auf ca. 2250 müM. Anghren lag auf ca 900 müM, Danghara auf 400müM. Ich erreichte mein Hotel erst gegen 7 Uhr.

Nach Taschkent habe ich die usbekische Fleischsuppe entdeckt und eine solche zwei Mal im Tag gegessen. Auch habe ich meine InternetMischung für ein Isotonisches Getränk zusammengemischt. Es ist sehr gut trinkbar, auch wenn es rel. warm ist. Weder gestern noch heute hatte ich Krämpfe und von einer Leistungsdelle war keine Rede mehr.

Fr, 30.6.2017, Angren. Taschkent-Ahangaran-Angren, 114 km. Wetter: Wolkenlos, 35°. Hotel Privat, sFr 0.--.

Ich verlor schon die letzten Tage unmerklich Luft und pumpte immer nach. Heute morgen war der HinterReifen platt. Ich fragte im Hotel nach einem Becken Wasser nach. Völlig unmöglich. Nein, nein, geht nicht, unmöglich. Da lief ich mit dem Rad in den Händen durch den Frühstücksraum direkt in die Küche zu einer Beige PlastikSchalen. Hinter mir 5 Angestellte: It's fobidden, you can't go in usw. Eine Küchenhilfe verstand meine Gesten und folgte mir mit dem Wasser vor das Hotel. Die Aufregung meiner Verfolger löste sich in Lachen auf.

Die Fahrt war einfach, ein Hotel zu finden weniger. Nach vielem Fragen wurde ich von einem jungen EnglischLehrer zu sich nach Hause eingeladen. Heute ist allerdings Freitag und freitags gibt's kein Wasser. Ich wurde dann trotzdem irgendwie sauber und wir fuhren per Taxi zu seinen Schwiegereltern zu einem VerwandschaftsEssen. Ein Tisch voller Esswaren, die die ganze Gesellschaft nie essen würde. Sultan, mein Gastgeber entschuldigte meine EssensAbstinenz und diese wurde akzeptiert. Da mit langsam die Augen zufielen fuhren wir zurück zu seiner Wohnung. Seine Frau und die kleine Tochter kamen später.

Do, 29.6.2017, Taschkent3. Wetter: Wolkenlos, 33°.

In einem grossen Sportgeschäft versuchte ich elektrolytische Konzentrate zu kaufen. Es hatte zwar ein ganzes Gestell voll Chemie, aber ausschliesslich MuskelAufbauProdukte. Also kaufte ich Salz und Zucker, um die Mischung selber herzustellen (Internet: 5dl Wasser, 7 Teelöffel Zucker und 1 Teelöffel Salz). Dabei durchstreifte ich die Innenstadt, aber ausser PrunkAlleen und Prunk-RegierungsGebäude gab es eigentlich nichts zu sehen.

Am Nachmittag wollte ich am hoteleigenen Bankomaten 500$ rauslassen. Da streikte der Automat und meine MasterCard kam nicht mehr heraus. Grossartig. Nach einer gewissen Zeit ging dis Maschine wieder aber meine Karte blieb 'verschluckt'. Dann versuchte ich es mit der MaestroKarte. Diesmal erhielt ich einen Beleg für den Bezug von 500$, die Karte kam wieder raus, aber kein Geld. Nach fast zwei Stunden kam Hilfe. Ich erhielt die Karte zurück und meine 500$. Das 'HerumBibbern' in der HotelLobby hatte ein Ende. Am Abend gab's zum krönenden Abschluss meiner LuxusPause noch Sushi. Morgen geht's weiter nach Osten Richtung Kirgisien.

Mi, 28.6.2017, Taschkent2. Wetter:Wolkenlos, 35°.

Das Hotel hat alle Annehmlichkeiten, die es braucht um sich zu erholen. Und für das bin ich hier. Nach dem Morgenessen liess ich mir eine stündige SportMassage angedeihen. Die war sehr gut. Die Dame hatte Kraft und diese sah man ihr schon an. Danach ging's in die Sauna, das Hamam war nicht zu gebrauchen. Neben dem grossen Aussenbad gab's einen CesarsSalad und nach ausgiebigen Schwimmen entfloh ich dem penetranten usbekischen DiscoSound und genehmigte mir nochmals eine GemüseSuppe mit stark gesalzenen Butterbrötchen, eine Kombination mit grossen SalzGehalt.

Ich kenne mein Problem natürlich. Wegen der Hitze, dem prallen Sonnenschein und der Leistung auf dem Velo verliere ich viel Wasser. Das Salz schwitzt aus dem Körper (ich kann es auf meinem Arm abschlecken). Ersetzt wird es durch viele Liter Wasser, allerdings ohne Salz. Mein Salz- und Elektrolyt-Gehalt sinkt, die Appetitlosigkeit nimmt zu und mein Salzgehalt dadurch noch weiter ab. Kommt dann noch Durchfall dazu verliere ich noch den letzten Rest. Die Leistung sinkt dramatisch. Der perfekte Teufelskreis, negative RückKoppelung bis zum Kollaps nennt man das. Darum trinke ich überall auf der Welt isotonische (elektrolytische) Getränke. Aber die gab's auf meiner bisherigen Reise nirgends. Auch Süssgetränke und Fruchtsäfte sind kein Ersatz. Die beinhalten zwar Energie, aber eben kaum Elektrolyte. Nur Milch bringt noch etwas.

Ich bleibe morgen noch einen Tag hier und hoffe, damit meinen Haushalt wieder in Ordnung zu bringen.

Di, 27.6.2017, Taschkent. Gulistan-Sidarya-Yangyol-Taschkent, 94km Velo, 25km per Anhalter. Wetter: Leicht bewölkt, 35°. Hotel Grandmir, sFr 170.--.

Nachdem sich meine Krämpfe um Mitternacht zurückgezogen hatten schlief ich beschwerdefrei. Es ging heute wieder durch endlose fruchtbare Ebenen bis Yangiyol als ich nach 90km krampfbedingt immer wieder gehen musste. Ich konnte einen Mann mit einem Uralt-Lada überreden mich nach Taschkent zu einem Hotel zu fahren. Das einzige, das wir fanden war ein prominenter 5-SterneKasten. Aber da die MasterCard akzeptiert wurde erlaubte ich mir den Luxus. Ich buchte für zwei Nächte. Ich bestellte eine grosse GemüseSuppe und da diese flüssig war genoss ich sie richtig. Nur schon ein Salat hätte ich nicht essen können. Nebst einigen Scharmützeln wurde ich am Abend und in der Nacht von Krämpfen verschont. Ich hoffe, morgen wieder normal zu funktionieren.

Mo, 26.6.2017, Gulistan. Jizzakh-Jontepa-Sardaba-Gulistan, 106km Velo, 15 km Anhalter. Wetter: Wechselnd bewölkt, 33°. Hotel Shohruk, sFr 20.--.

Fahrt durch eine einzige, fruchtbare Ebene. Aber schon ab Mittag wurde die lustvolle Fahrt, was alle meine Touren fast immer sind zu einer qualvollen. Meine Leistung liess, wie schon gestern, langsam nach und die Kämpfe meldeten sich wieder, seit mehreren Tagen das erste Mal. Ab 100km musste ich immer wieder gehen. Bei km 105 hielt ein PW und ich fragte den Fahrer, ob er mich und mein Velo nach Gulestan zu einem Hotel fahren würde. Wir verluden Velo und Saccochen ziemlich abenteuerlich in seinen Kofferraum und er fuhr mich in ein neues Hotel in einem Neubauquartier ausserhalb der Stadt. Es war völlig leer. Wir wollten schon gehen, da tauchte doch noch jemand auf. Ich bezog ein gutes Zimmer und konnte noch je 1 lt Milch, Pfirsichsaft, CocaCola und BlötterliWasser in den Kühlschrank nehmen. Einen Laden oder ein Restaurant gab es weit und breit nicht.

Nach dem Douchen legte ich mich auf's Bett und dann begann der Kampf mit dem Krampf erst richtig. Und der ist so anstrengend, dass ich, trotz KlimaAnlage zu schwitzen beginne und mir richtig schlecht wird. Die Vorstellung, dass ich während 30, 60 oder 90 sek völlig immobil und richtig verkrüppelt, mich mit beiden Händen an irgend etwas haltend im Zimmer stehe und dann noch Erbrechen muss --na ja, es blieb glücklicherweise bei der Vorstellung. Erschwert wird die Sache noch durch meine Zerrung im Rücken, die ich mir bei meinem Rückensturz in den Wassergraben vor einigen Tagen eingefangen habe.

Keine Frage, ich befinde mich in einer LeistungsDelle. Wirklich Sorgen macht mir aber meine mittlerweile totale AppetitLosigkeit. Ich brächte keinen Bissen runter, auch wenn das Angebot bestünde. Trotzdem ich auch heute wieder mit Milch, JogurtMilch, Fruchtsaft und Coggi auf gegen 2500kcal gekommen bis hat diese FlüssigNahrung kaum mehr etwas mit Ausgewogenheit zu tun. Ich werde morgen die 120km bis Taschkent, der Hauptstadt von Usbekistan noch schaffen, steige in einem sehr guten Hotel mit HotelRestaurant ab, buche für drei Nächte und versuche, wieder einen Zugang zu normaler Ernährung zu finden. Ich hoffe, bis Mitternacht werden sich die Krämpfe beruhigt haben, sie verschwinden immer wieder.

So, 25.6.2017, Jizzakh. Samarkand-Ghallaran-Jizzakh, 119km. Wetter: Wolkenlos, 35°. Hotel Diplomat, sFr 45.--.

Die heutige Fahrt ging durch Ebenen mit bewässerter, intensiver Landwirtschaft, durch kahle Hügel und gegen Ende wieder einmal durch ein schroffes Flusstal. Ich fuhr den ganzen Tag gegen den Wind und so machte ich es mir zwei Mal bequem in den höchst bequemen LiegeBänken von zwei GartenRestaurants. Dh, das zweite Mal wurde ich von den Gästen richtiggehend bedrängt. Jeder wollte vom Schwizaria etwas wissen, natürlich auf russisch. Es wurde hoffnungslos und als mir noch ein Schaschlik offeriert wurde musste ich mich verabschieden. Ich bringe unterwegs keinen Bissen herunter. Aus dem Schläfchen wurde dann nichts.

Mein heutiges Hotel liegt etwas ausserhalb der Stadt. Etwas zu essen gab es weder im Hotel noch in der Umgebung. So stieg ich nochmals auf's Velo und kaufte genügend flüssiges Jogurt. Da der Kaloriengehalt bei gegen 1000/lt liegt kommt man zur Abwechslung auch mal flüssig durchs Leben.

Sa, 24.6.2017, Samarkand2. SightSeeing. Wetter: leicht bewölkt, 35°.

Samarkand ist der 2. HotSpot der Seidenstrasse und war einmal noch bedeutender als Bukhara. Mit Ursprüngen in vorchristliche Zeiten erlangte es eine erste Blüte im 13./14. Jh. Auf Erdbeben und Zerstörungen durch Eroberungen sowie natürlichen Zerfall folgten immer Wiederaufbau und Vergrösserungen. Das letzte Mal durch die Sovjets in den 1930-er Jahren, wie die beigefügten Bilder zeigen. Eine ungeheure Leistung.

Im Gegensatz zu Bukhara sind all die historischen Bauwerke auf ein viel grösseres Gebiet verteilt. Die Ulubeg-Medressa ist der grösste kultur/religiöse Komplex meiner ganzen Reise. Touristen hatte es wie schon in Bukhara fast keine.

Fr, 23.6.2017, Samarkand. Navoiy-Kataqorghan-Juma-Samarkand, 172km. Wetter: Am Morgen bedeckt, 25-30°, am Nachmittag schön, 38°. Hotel

Ich startete wieder einmal um 5 Uhr morgens, denn heute würde es einen langen Tag geben. Ich besuchte einen lokalen Markt, durfte aus grossen Bottichen so etwas wie KefirPasta zur Herstellung von Gebäck probieren und etwas später wurde ich von vier älteren Usbeken zu einem halben Liter Kefir eingeladen. Wir konnten wie üblich überhaupt nichts reden, aber die immer gleichen Fragen: Hast du eine Frau, wieviel Kinder und wieviel KindesKinder hast du und natürlich, wie alt bist du verstand ich langsam und konnte sie in GebärdenSprache auch beantworten. Ich komme dabei immer sehr gut weg.

Ein zweiter Marktbesuch ging dann aber gründlich in die Hose - resp. ins Wasser. Ich wollte zwischen einem BetonPoller und einem Wassergraben ins Marktgelände fahren. Allerdings stand ich mit der rechten Pedale an einem Stein an und wurde nach links gerade in den Wassergraben geworfen, Rücken voran. Der lag allerdings 1 m tiefer. Da lag ich also im Wassergraben, das Velo noch in der Böschung und mein linker Fuss zwischen Pedale und Rahmen eingeklemmt. Das hätte ein wunderbares Foto abgegeben. Ich merkte dann sehr schnell, dass mir nichts fehlte und ergriff zwei von mehreren Händen, die mich aus dem Wasser und dem Schlamm zogen. Einer kam mit einem Kübel Wasser und damit konnte ich mich notdürftig waschen. Ich bedankte mich bei meinen lachenden Helfern in machte mich wieder auf den Weg. Heute Abend würde grosser Waschtag werden.

In Samarkand suchte ich mehr als eine Stunde nach den historischen Stätten. Erst als ich der Namen derselben hörte (Remistan) kam ich sehr schnell ans Ziel, fand auch ein bezahlbares Hotel und fing mit Waschen an. Morgen mache ich einen SightSeeinTag.

Do, 22.6.2017, Navoiy. Bukhara-Ghijduvan-Navoiy, 122km. Wetter: Wolkenlos, 40°. Hotel Yoshlik, sFr 30.--.

Heute kam die Gerechtigkeit zurück. Nach tagelangem, zermürbendem Gegenwind wurde ich heute richtig gestossen. Welche Wohltat. Auf 10 Tankstellen sind 9 dauernd geschlossen. Und wenn mal eine offen ist warten hundert Autofahrer auf Benzin. Lediglich Gasfüllungen scheint es zu geben.

Fast die ganze Strecke fuhr ich durch bewässertes und somit intensiv landwirtschaftlich bebautes Land. Sehr grosse Kanäle nehmen das Wasser von den grossen Flüssen aus dem Pamir- und dem TienShan-Gebirge ab und machen Land fruchtbar, das ansonsten reine Wüste wäre. Allerdings mit dem Effekt, dass damit 1000 km flussabwärts eine der weltgrössten, von Menschen geschaffenen Umweltkatastrophen produziert wurde. Bis die Flüsse den ehemals 4-grössten BinnenSee, den Aralsee erreichen haben sie kein Wasser mehr. Der riesige Salzsee mit ursprünglich 70'000 km2 Fläche hat während der SovjetZeit fast 90% seiner ursprünglichen Fläche eingebüsst. Auf den ausgetrockneten Flächen blieben enorme Mengen Salz liegen, aber auch Unmengen von Pestiziden aus den industriellen BauwollPflanzungen, die der Wind hunderte Kilometer nach Osten verfrachtet und riesige Landflächen versalzt, vergiftet und somit unfruchtbar macht. Die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen sind verheerend.

Manchmal staune ich über Preise. Da kostet hier ein HalbliterPetFläschen LipptonTea im Laden 20 Rappen. Bei uns vielleicht 1.50 Franken. Es ist aber die gleiche PetFlasche, es hat die gleichen InhaltsStoffe und der Abfüllprozess ist der gleiche, er ist nämlich vollautomatisch. Nur der VerteilProzess ist hier wesentlich billiger. Ich wag mal eine Aussage: eine HalbLiter PetFlasche kostet auch bei uns ab Fabrik lediglich 10 Rappen. Am Abend ass ich übrigens in einem Park eine FleischPastete und trank einen HalbLiterKübel Bier für zusammen 70 Rappen.

Heute habe ich den 3000-sten Kilometer durchfahren.

Mi, 21.6.2017, Bukhara2, SightSeeing. Wetter: Wolkenlos, 38°.

Bukhara ist zusammen mit Samarkand ein HotSpot der SeidenStrasse und es war klar, dass ich hier einen Tag verbringen würde. Zuerst ging ich nochmals zur Bank mit dem Bankomaten und bezog nochmals 500$. Mit 1000$ in der einzigen, überall wechselbaren Währung fühle ich mich finanziell sicher bis nach China. Am Nachmittag wechselte ich auf dem Schwarzmarkt (doppelter Wechselkurs gegenüber dem offiziellen) 100$ in die Lokalwährung SOM. 1$ = 7'500 SOM. 100$ = 750'000 SOM. Allerdings ist die höchste Note 5000 SOM, das heisst, es gab 150 Noten zum Abzählen und nachher zum Verstauen. Nochmals: Die höchste Note gilt somit 70 Rappen!

Ich verschaffte mir danach einen Überblick über die historischen Stätten und sprach einen älteren Touristen, einen Franzosen, an. Es stellte sich heraus, dass auch mit dem Velo unterwegs war. Zusammen besuchten wir ein Kaffee und trafen dort auf ein junges Päärchen aus Frankfurt, unterwegs mit Tandem nach AlmaAty. Es gibt also noch andere auf der Seidenstrasse. Ansonsten gibt es nur wenige Touristen, auch mein Hotel war praktisch leer. Beide Partien haben Turkmenistan entweder mit dem Zug oder mit dem Taxi durchfahren. Ich brauchte mich also für meine TaxiFahrt wohl nicht zu schämen, vor allem mit meinen Einschränkungen.

Bukhara ist die heiligste Stätte von ganz ZentralAsien. Seine Ursprünge gehen zurück ins 9. JH, die Stadt zählte einst 300 Moscheen und das Zentrum mit vielen historischen Gebäuden ist sehr gut erhalten. Vor allem ist es erstaunlich gross.

Immer an Ruhetagen esse ich das Doppelte als unterwegs, vor allem dort, wo es guten Salat gibt. Über Mittag gab's somit nochmals einen CesarsSalad und am Abend Lamm à la mode d' Usbekistan. Es war ein schöner und geruhsamer Tag und vor allem plagen mich keine latenten Sorgen mehr, wie das abgelaufene Visum, Turkmenistan als Ganzes und meine andauernden Geldprobleme. auch von Krämpfen wurde ich in letzter Zeit verschont. Ich kann mich wieder viel freier bewegen.

Di, 20.6.2017, Bukhara. Turkmenabad-Grenze zu Usbekistan-Qarakol-Bukhara, 95km per Velo, 40km auf PickUp. Wetter: Wolkenlos, 40°. Omar Khayam Hotel, sFr 55.--.

Ich bin kaum losgefahren hatte ich schon meinen dritten Plattfuss. Die unplattbaren Reifen werden langsam zur Farce, vor allem deshalb, da der durchstechende Gegenstand so klein war, dass ich das Leck nicht finden konnte. Schon gestern auf der Taxifahrt wurden wir viele Male kontrolliert. Und dies auch heute wieder auf einer Strecke von lediglich 45km. Turkmenistan, ein Polizei-und ÜberwachungsStaat der ExtraKlasse. Das Immigration-Verfahren war geradezu lächerlich. So musste ich alle meine Gepäckstücke komplett auspacken. Ich musste meinen Velo-FlickSet erklären (die haben meine zürichdeutschen Erklärungen ohnehin nicht verstanden), meine Medikamente (Immodium, Schmerzmittel) und vor allem, ich musste mein iPad entsperren, damit sie genüsslich meine Fotos aus ZentralAmerika usw begutachten konnten. Zu guter Letzt wollten sie noch mein AustrittsGewicht wissen. Ich musste auf die Waage stehen. War OK. Glücklicherweise kam ich nach Usbekistan wesentlich schlanker durch. Trotzdem dauerte der Grenzübertritt drei Stunden.

Dies sollte mir noch Probleme bereiten. Denn in der verbleibenden Zeit würde ich Bukhara nicht erreichen. Und da wollte ich aus verschiedenen Gründen unbedingt hin. Ich brauchte Geld, eine Unterkunft und und Ruhe. Jeden Tag halten 2-3 PickUp' an und anerbieten sich, mich aufzuladen. So auch heute nach 95km. Ich nahm die Offerte dankend an. Und so fuhren wir geradezu auf ein Hotel zu, das mein Fahrer mit einem Kollege vorarrangiert hat (er rechnete ja mit einer Provision). Davor allerdings fuhren wir an einer Aksa-Bank vorbei, wo ich tatsächlich 500$ beziehen konnte.

Welch ein Gefühl. Ich hatte wieder Bares. Nach so langer Zeit der Sorge, mir würde das Geld ausgehen kann man diese Befreiung fast nicht beschreiben. Und endlich gab's wieder einmal ein Bier. Turkmenistan und Usbekistan sind zwar auch muslimische Länder, aber mit dem Ramadan und dem Alkohol geht man hier wesentlich pragmatischer um.

Und eines habe ich mir vorgenommen: Zuhause angekommen kündige ich die AmexKarte und kaufe eine Visa. Alle besseren Hotels in Bukhara akzeptieren die Visa, keines die MasterCard. Nur die AksaBank akzeptiert die MasterCard. Von AmericanExpress hat noch nie jemand etwas gehört.

Mo, 19.6.2017, Turkmenabad. Sarakhs-Turkmenab, Taxi 550km. Wetter: Wolkenlos, 40°. Hotel ??, sFr 20.--.

Das abgelaufene Visum beschäftigte mich eigentlich auf der ganzen Reise und so machte ich mich heute morgen ziemlich nervös auf den Weg zur Grenze
Über Itineris sandte ich vorerst ein Mail ans EDA und meldete meinen Grenzübergang mit abgelaufenem Visum.

Um 8 Uhr wäre der Grenzübergang geöffnet. Um 9 Uhr war er's dann. Ich war der Erste im Passbüro. Ich gab den Pass ab. Dieser wurde ins Direktionsbüro übergeben und ich wurde eine Stunde stehengelassen. Ich erhielt dann die Aufforderung, am Bankschalter daneben sFr 38.-- einzuzahlen. Dann wurde ich eine weitere Stunde stehengelassen. Endlich musste ich Angaben machen zu meiner Person. Ich bin stundenlang in der Halle rumgelaufen. Absitzen ging gar nicht, ich wäre nach dem gestrigen Tag sofort eingeschlafen. Nach einer weiteren halben Stunde erhielt ich den, ich glaubte es fast nicht, abgestempelten Pass und konnte gehen.

Auf der turkmenischen Seite wurde ich am Wartesaal zur Zollabfertigung mit Gesten aufgefordert, etwas zu essen. Wie lange die MittagsPause gehen würde, erfuhr ich nicht. Ich hatte genügend Wasser, Bisquits und Snickers und wartete also. Da kam Andreas, der junge MotorradFahrer und wir hatten eine kurzweilige Zeit.

Dann fingen aber die wirklichen Probleme des Tages an. Ich hatte ein Papier der Embassy of Turkmenistan of Geneva erhalten mit einem 'VisaVersprechen' für fünf Tage ohne Datumsangabe. Die Beamten hatten nun aber tatsächlich meinen orginalen Visumsantrag mit genauem Eintritt nach Turkmenistan, und der war vor zwei Tagen, gültig für 5 Tage. Alles Argumentieren nützte nichts. Schlussendlich wurde mir ein Visum ausgestellt, dass noch 3 Tage gültig war, den heutigen Tag inbegriffen. Da es mittlerweile drei Uhr Nachmittags war hatte ich also genau zwei Tage Zeit Turkmenistan auf einer Breite von 550km zu durchfahren.

Dies mit dem Velo zu schaffen ist völlig unmöglich. Busse gibt es nicht und für ein Taxi (gemäss Führer 400$) reichten meine Dollars bei Weitem nicht. Blieb nur noch Autostop. Aber alle Lastwagen haben versiegelte Ladungen, Lieferwagen fuhren keine über die Grenze und Personenwagen auch nicht. Meine Lage war aussichtlos und eigentlich konnte ich nur noch auf ein Wunder hoffen. Ich fuhr aus dem Grenzgelände und wurde, wie üblich, von den Geldwechslern überfallen.

Und dann geschah es -- das Wunder. Schon fast zum Jux fragte ich nach dem Preis für ein Taxi nach Turkmenabad, 550km nördlich, nahe der Grenze zu Usbekistan. Einer tippte den Preis in sein Handy. Mich haute es fast aus den Socken und ich liess mir den Preis nochmals durch drei Kollegen auf deren Handys bestätigen. HundertFünfzig Dollars!! Da reichten sogar meine bescheidenen Mittel noch. Ich stieg in einen grossen ToyotaVan. Der Driver nahm natürlich noch seine Frau, seine Madame, und seine Tochter mit und wir fuhren bis Mitte des Landes, nach Mary. Dort war Taxiwechsel. Auch der neue Driver nahm nochmals drei Passagiere mit. Und genauso kommt ein bezahlbarer Preis zustande.

Turkmenistan hat zwar viel Wüste, aber auch grosse Flüsse, die die Bewässerung grosser Flächen möglich und das Land grün machen. Knapp vor Mitternacht suchten wir in Turkmenabad, der zweitgrössten Stadt des Landes ein billiges Hotel (ich war fast blank) und so stieg ich in einer fürchterlichen Höhle ab. Aber es es gab einen Schlauch zum Douchen und danach legte ich mich auf meinen Schlafsack und schwitzte noch stundenlang vor mich hin. Irgendwann wurde es kühler.

So, 18.6.2017, Sarakhs. Mashhad-SurakMaleki-Gonbadli-Sarakhs, 194km, 12h Velo netto. Wetter: Wolkenlos, 40°. Hotel Dosti, sFr 24.--.

Heute morgen startete ich kurz nach 5 Uhr. Zuvor hat es noch geregnet, doch ich kam trocken durch. Mein Durchfall war Geschichte und auch die Periode der Übelkeit. Ich fuhr wieder durch grosse Gebiete mit extensiver Landwirtschaft (woher das Wasser kommt konnte ich nicht erkennen) bis trockenste Wüste. Die Hitze machte mir nicht zu schaffen aber 100 km starker Gegenwind schon. Bei mehreren Böen stand ich bockstill. Nur am Morgen und gegen Abend war der Wind erträglich. Solche langen Phasen blockieren meinen Kopf: Es gibt nur noch einen Gedanken, der Wind. Ich kam ohne Krämpfe durch und erreichte Sarakhs um 19 Uhr, sass somit 12 Stunden netto im Sattel. Zum Glück musste ich nicht lange nach einem Hotel suchen. Das einzige der Stadt befand sich gleich bei deren Einfahrt. Mit einem deutschen MotorradFahrer ass ich Abendessen im Hotel. Ach ja, noch etwas: Bei der Zimmerbesichtigung fragte ich nach einem Zimmer mit 'Western Toilet'. Gab's nicht, dafür brachten sie mir einen Sitz auf das StehCloset. War wirklich neu für mich. Ich brauchte es allerdings nicht, an die StehClosets habe ich mich auf meinen Reisen längst gewöhnt. Ich bin etwa 15 km vor der Grenze zu Turkmenistan.

Sa, 17.6.2017, Mashhad4. Wetter: Leicht bewölkt, 35°. Hotel Nabi Akram, sFr 16.--.

Am Morgen fuhr ich per Taxi noch einmal zum Passbüro. Ein englisch sprechender Iraner half mir durch die vielen wartenden Leute. Ich realisierte aber immer mehr, dass ich unter fünf Tagen Wartezeit keine VisumsVerlängerung erhalten werde. Als ich das dann allerdings endgültig realisierte und ich weiterhin in Betracht zog, dass mir ohnehin das Geld ausgehen würde verliess ich den Ort. Ich werde an die Grenze fahren und sehen, was dort passiert. Eine andere Möglichkeit habe ich nicht.

Gestern kam ich an einem kleineren Hotel vorbei, sah mir ein Zimmer an und entschied mich aus finanziellen Gründen zu wechseln. Das hätte ich schon vor zwei Tagen machen müssen. Langsam habe ich auch genug Heiligtümer gesehen. Ausserdem hat der Tag mit Durchfall begonnen und ich fühlte mich nicht wohl. Deshalb verbrachte ich die grösste Zeit des Nachmittags in meinem Zimmer.

Morgen starte ich um 5 Uhr, und fahre bis Sarakhs, vor der Grenze zu Turkmenistan. Dazwischen hat es mit Sicherheit keine Unterkunft. Ob ich allerdings fast 200 km schaffe ist mir nicht klar. Versuchen werde ich's.

Fr, 16.6.2017, Mashhad3, SightSeeing. Wetter: Wolkenlos, 40°, am Abend kurzer Regen.

Glück hat, wer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist. Gestern war Qadr-Night (Nacht der Bestimmung). Der Jahrestag, an dem Allah Mohammed den Koran übergab, ein heiliger Tag für alle Moslems.
Ausserdem jährte sich der Todestag von Imam Ali Reza. Beim Eindunkeln wurde die 4-spurige Strasse, die entlang meines Hotels führt, für Autos gesperrt um Platz zu machen für die Gläubigen. Auch ich machte mich nochmals auf den Weg. Diesmal war der Andrang aber viel grösser. Schon am Nachmittag war der Anblick der Bauwerke umwerfend, beleuchtet in der Nacht war alles noch prächtiger. Jede Vorstellungskraft übersteigend ist jedoch der PilgerAndrang. Schon gegen 10 Uhr war praktisch jeder Quadratmeter besetzt und es hatte nach Abzug der Mauern 500'000m2. Die Leute sassen auf den Teppichen, beteten, lasen den Koran, plauderten, assen etwas oder sie schliefen. Ich realisierte, dass ich in 15 Min vollständig eingeklemmt sein würde und suchte den Ausgang. Auf dem Weg zu meinem Hotel kamen mir noch AberTausende Personen entgegen und um 11 Uhr ging ich nochmals hin. Der Zustrom war immer noch am Laufen. Ins Heiligtum zu gelangen war mittlerweile unmöglich. Die zusätzlichen Leute sassen auf den ZufahrtsStrassen und Plätzen. Die Predigten und Gesänge wurden auch gegen ausserhalb des Heiligtums mit Grossbildschirmen übertragen. Nach Mitternacht fing der Rückverkehr an. Zehntausende verliessen den heiligen Ort und gingen direkt unter meinem Balkon zu Hause, dies während Stunden.

Auch heute ging ich wieder hin. Ein Prediger ist auf den Grossbildschirmen immer präsent. Heute allerdings hörte ich immer wieder die Worte Terror, Jihad und Terrorism heraus. Das Thema scheint zu beschäftigen. Gegen Abend gab es mehrere Umzüge zum Heiligtum hin. Die Gesänge, Parolen und Gesten waren sehr martialisch, aber es ging um MärtyrerGesänge für Ali Reza, den vergifteten 8. Imam, der hier begraben liegt (Mashhad = Stadt der Märtyrer).

Es sollen weit mehr als eine Million Gläubige im und rund um das Heiligtum versammelt gewesen sein.

Do, 15.6.2017, Mashhad2, SightSeeing. Wetter: Wolkenlos, 40°.

Gestern ist mein Visum für Iran abgelaufen und ich befinde mich eigentlich illegal im Land. Also nahm ich ein Taxi und fuhr zum Flughafen. Fehlanzeige, aber ich bekam eine Adresse der offiziellen VisaStelle. Mein Fahrer machte einen Fehler und fuhr mich ans andere Ende der 3-Mio-Stadt. Dann zurück zum richtigen PassBüro und dank diesem Umweg war dieses mittlerweile geschlossen. Da morgen Freitag Sonntag ist muss ich bis Samstag morgen warten und somit nachmals einen Tag in Mashhad anhängen.

Auf der Taxifahrt sah ich mehrmals grosse Plakate mit dem Slogan: Mort à Israel. Warum das auch in Französisch stand verstand ich nicht. Das Thema besteht also nach wie vor und steht in völligem Kontrast zu dem, was ich danach gesehen und erlebt habe.

Am Nachmittag besuchte ich den heiligen Schrein, wie das Imam-Reza Heiligtum genannt wird. Komischerweise wurde mir kein Führer zur Seite gestellt, ich konnte mich also frei bewegen. Dieses Heiligtum ist gigantisch. Sieben riesige Plätze sind vollständig mit Teppichen ausgelegt. Alle Gebäude und Plätze haben eine Grösse von 600'000 m2, eine Rechteck von etwa 700 auf 800m. Imam Reza war ein Nachfahre von Mohammed und wurde in Mashhad 817 vergiftet. Erstaunlicherweise konnte ich auch unbehelligt in die Heiligtümer hineingehen, trotz überall vorhandenen Wachen. Die Pracht in diesen riesigen Hallen ist unbeschreiblich. Da auch andere Leute fotografierten und telefonierten legte ich meine Scheu ab und machte möglichst diskret einige Fotos. Ich hoffe, es wurde nicht als pietätlos empfunden. Ich konnte mich kaum sattsehen. Das Heiligtum ist das wichtigste im Iran und es hatte schon am Nachmittag sehr viele Gläubige. All die enormen Bauten wurden im 14. - 16. JH errichtet und waren, genauso wie die christlichen Bauwerke in der gleichen Periode architektonische und statische Glanzleistungen. Aber auch im 20. JH wurde an gleicher Stelle und in der gleichen Grösse eine weitere Glanzleistung erbracht. Von allen vier Seiten führen breite Strassen under den Schrein zu einem KreuzungsKreisel. Der Rest der unterirdischen Fläche ist genutzt für riesige Parkplätze. Wie das gebaut wurde, ohne Beschädigungen der sehr schweren Bauwerke mit den heiklen FliesenFassaden an der Oberfläche, ist mir schleierhaft.

Wieder hinauskommen gestaltete sich als Problem. Ich versuchte nach Kompass zu gehen und brachte es auch so fertig, zwei Mal den falschen Ausgang zu erwischen. Am Abend ging ich nochmals hin, doch davon morgen.

Mi, 14.6.2017, Mashhad. Neyshabur-Mashhad, 151km. Wetter: Wolkenlos, 35°. Hotel Arman, sFr 54.--.

Auf 130km hatte ich heute sehr starken Gegenwind. Auf ebener Strecke kriegte ich manchmal kaum 12 km/h hin. Selbst bei kleinen Steigungen musste ich stossen. Etwa 40 vor Mashhad ging meine Strasse in eine Autobahn über. Für Velofahrer explizit verboten. Nachdem ich die alte Strasse nicht gefunden habe (Sackgassen) fuhr ich auf die Autobahn. Durch den Toll fuhr ich im Sichtschatten eines Cars. Das Schweizerfähnchen legte ich um und kämpfte weiter gegen den Wind. Jeder Dritte hupt zwar, aber daran gewöhnt man sich. Aber dann sah ich den StreifenWagen vor mir. Ich fuhr auf ihn zu. Zwei Polizisten fotografierten mich. Ich entschloss mich, einfach vorbeizufahren, die würden sich dann schon melden. Aber sie winkten mir lediglich anerkennend zu. Sie machten GeschwindigkeitsKontrollen. Langsam drehte die Strasse von Ost nach Nord und ich hatte für die letzten 25 km noch Rückenwind. Ein versöhnlicher Abschluss eines sehr strengen Velotages.

Sehr versöhnlich gestaltete sich auch mein Hotel. Es war schon am Eindunkeln, da sah den Riesenkasten im Zentrum, dachte zwar, dass ich mir den Zimmerpreis nicht leisten könnte -- und ging doch hinein. 54$ die Nacht! Ich nahm ein Zimmer und zog ein. Nach 5 Min zog ich mein Tricot nochmals an und liess mir den Preis an der Reception nochmals bestätigen. Unglaublich, ein ganzes Appartement für 54$. Kein Vergleich mit dem geradezu schäbigen Hotel in Teheran für fast den gleichen Preis. Ich ging in den grossen und luxuriösen, sehr gut besetzten Speisesaal und versuchte, mich durch das unerhört reichhaltige Buffet durchzuessen, was allerdings nach einem 12- StundenTag auf dem Velo nicht sehr erfolgreich war. Ausnahmslos alle Frauen trugen den Tschador, ein schwarzer Umhang von Kopf bis Fuss. Mashhad ist der wichtigste Pilgerort des Landes.

 Di, 13.6.2017, Neyshabur. Sabzevar-Za'fsrsniyeh-Neyshabur, 125km. Wetter: Wolkenlos, 40°. Hotel Mehr, sFr 35.--.

Als ich heute abfahren wollte war mein hinterer Reifen platt. Schon der dritte Platten eines Reifens, der als 'unplattbar' angepriesen wird. Ansonsten war die Reise wieder heiss, fast eben, sie ging meist durch Wüste und und manchmal durch wüstenähnliche Vegetationen, allerdings mit Grundwasser. Und es gab tatsächlich sogar Fischzuchten.

Ein Hotel zu suchen in einer grösseren Stadt ist manchmal sehr enervierend. In Iran halte ich zwei, drei Mal an und schaue suchenderweise um mich. Irgendeiner hält meistens und führt mich mit seinem Töff oder Auto direkt vor die Unterkunft. So auch heute. Ohne solche Hilfe würde ich kaum etwas finden, denn viele Hotels sind nur persisch beschriftet, das Wort 'Hotel' sucht man vergebens.

Mo, 12.6.2017, Sabzevar. Davarzan-Rivand-Sabzevar, 78km. Wetter: Teilweise bewölkt, 40°. Hotel Kamelia, sFr 27.--.

Während der Nacht fing der Wind stark zu blasen an, weshalb ich in den Teppichraum zügeln musste. Dort allerdings war es derart heiss, dass ich natürlich abgedeckt blieb und so den kleinen Mücken ausgesetzt war. Ich war also froh, als der Morgen kam. Um 7 Uhr fuhr ich ab. Ich war aber zu früh, um in Davarzan etwas einkaufen zu können und danach gab's bis Sabzevar wieder nichts, nur Wasser. Das wurde langsam schwierig. Schon seit Tagen komme ich immer wieder an alten Karavansereien vorbei, einmal sogar an einer behirteten Herde Kamelen (was die fressen ist mir schleierhaft, denn die GrasBüschel sind viel eher Sukkulenten, also einer Art KaktusPflanzen). Alles Zeugen der SeidenStrasse, als es noch keine Strassen durch die Wüste gab. Bevor ich in Sabzevar ein Hotel suchte füllte ich meinen tiefen Kalorienpegel mit Bananenmilch auf. Ich stieg schon am Anfang der Stadt in einem grossen Hotel ab. Sehr komfortabel, einen halben Tag richtig zum Ausruhen nach dem gestrigen strengen Tag und der nicht gerade komfortablen Nacht. Und es gab endlich wieder einmal etwas Rechtes zu essen: Fisch und reichlich Salat.

So, 11.6.2017, Davarzan. Shahrud-Mayamex-Abassabad-Davarzan, 189 km. Wetter: Wolkenlos, 35°. Hotel: ??, sFr 0.--.

Die nächsten 250 km wird es keine Unterkunft geben. Ich machte mir also schon auf dem ganzen Weg Gedanken, wo ich die Nacht verbringen könnte. Ich habe ja eine CampingAusrüstung. Allerdings, das Zelt würde ich heute nicht benutzen, im Sand bringe ich keinen Hering zum Halten. Ausserdem ist es zu heiss. Der Sand ist auch zu heiss um unter freiem Himmel auf meiner ZeltUnterlage zu schlafen. Allerdings es gäbe auch wenige schattenspendende Bäume. Auf der ganzen heutigen Strecke hatte es etwa vier Moscheen. In deren Vorräumen könnte man auf dem Teppich schlafen. Vielleicht finde ich eine PrivatUnterkunft oder ich schlafe in einem Bushäuschen.

Es hatte auch für sage und schreibe über hundert Kilometer keine Möglichkeit mehr, zwischenVerpflegung einzukaufen, nur noch Wasser. Ich ging mal meinen KalorienHaushalt durch: Ich habe ein kleines Frühstück zu mir genommen = 300kcal, an 2 Orten habe ich je 4 dl Bananenmilch getrunken, total = 500 kcal, unterwegs hat mir jemand eine 1.5 lt Flasche Beerensaft in CruchedEis gegeben (unverschämt gut) = 700 kcal, das letzte Mal, wo ich noch Wasser bekommen habe gab's ein CocaCola = 150 kcal, die Unmengen Wasser haben keinen Nährwert aber ich habe noch ein Snickers = 300kcal und ein kleines Päckchen Nüsse = 150 kcal. Das gibt zusammen 2100kcal. Vielleicht nicht ganz genug für einen 180km Tag, aber eine gute Anzahlung.

Nach einer langen Fahrt durch Berg- und HügelGebiete ging's wieder in die Ebene mit Riesenflächen weissem Salz. Irgend jemand sagte mir in Davarzan hätte es ein Hotel. Es hatte keines, aber neben einer Tankstelle gab es so etwas wie eine öffentliche Schlafstelle. Ein grosser Raum mit Teppich belegt, ein weiterer Raum mit sanitären Einrichtungen (nicht gerade westlicher Standart aber sauber) und mit einem Dispenser mit gekühltem Wasser!!Sehr gut. Ich konnte mich waschen, bezog meine Unterkunft allerdings nicht im noch viel zu heissen Schlafraum, sondern draussen unter einer 'Gartenlaube' auf meiner ZeltUnterlage, resp. auf meiner Luftmatrazze und meinem Schlafsack.

Da ich heute morgen noch die 'NZZ am Sonntag' auf's iPad geladen habe gab's auch noch erbauliche Lektüre, allerdings nicht mehr lange. Dass ich zwischen zwei Schnellstrassen lag störte mich nicht im Geringsten. Meine nächtlichen Krämpfe allerdings schon, denn mit Krampf kann ich vom Boden kaum mehr aufstehen. Dies nachdem ich die lange Distanz ohne Probleme bestanden habe. Einschliessen konnte ich übrigens nichts, aber ich blieb für diese Nacht der Einzige in der 'Notschlafstelle'. Und ich bin überzeugt, gestohlen wird nichts.

Sa, 10.6.2017, Shahrud. Damghan-Sharud, 75km. Wetter: Wolkenlos, 33°. Hotel Shahrud Tourist Hotel, sFr 45.--.

Schon nach wenigen Stunden erreichte ich Shahrud, dh heute ergab sich ein halber Ruhetag. In der Stadt fuhr ein 12-jähriger Junge auf seinem Velo neben mich und verkündete mir, er spreche englisch. Er führte mich zuerst in eine VeloWerkstätte. Beim vorgestrigen Verladen des Velos auf den PickUp wurde mein Wechsel verbogen. Ganz konnte der Mechaniker den Schaden nicht beheben. Ich nehme aber an, ich komme auch so weiter. Dann führte er mich zum Hotel, das mir wiederum heute morgen angegeben wurde. Nochmals ein schönes Haus und vor allem, hier wird der Ramadan nicht sehr ernst genommen. Ich ass Lunch, ein FleischSpiess mit sehr viel Salat, das erste Mal im Iran. Vielleicht reicht der Appetit sogar noch für ein Dinner.

Seit ich im Iran bin wundere ich mich über das bis vor zwei Jahren über Iran verhängte westliche Embargo. Das Finanzsystem ist nicht mehr mit der Welt verbunden, das merke ich selber. Aber es dürften auch keine Waren ins Land kommen. Natürlich wird geschmuggelt. Aber wie man derartige Mengen nach Iran verschiebt ist mir schleierhaft. Es gibt hier alles, das wir auch haben und zwar im Überfluss. Handies (jeder hat eines) sind ja noch schmuggelbar, bei Kühlschränken und Waschmaschinen wird's schwieriger, noch schwieriger wird's bei Autos, vor allem aus Korea und Frankreich, und geradezu unmöglich bei Lastwagen und schweren Baumaschinen, u.A. Walzen von Ammann in Langenthal. Da werden von westlicher Seite so ziemlich alle Augen geschlossen. Oder, ich habe da etwas falsch verstanden?

Der Hunger nach 9 Uhr reichte tatsächlich noch für Güggeli und Goggi. Danach schlenderte ich durch einen grossen Park direkt vor dem Hotel und schaute jungen Leuten beim Faustball zu und einem SeniorenClub bei der abendlichen Gymnastik, immer ein Glace schleckend.

Heute habe ich den 2000-sten Kilometer durchfahren.

 

Fr, 9.6.2017, Damghan. Semnan-Ahuan-Damghan, 127 km, 10.5 h im Sattel oder zu Fuss. Wetter: Wolkenlos, 37°. Hotel Damghan Tourist Hotel, sFr 40.--.

Ich fuhr bei Tagesanbruch um etwa halb sechs los und nutzte die angenehmen Temperaturen des Morgens. Die ersten 40km stieg die Strasse dauernd leicht an. Die Steigung war nicht das Problem, aber der starke Gegenwind. Ich brauchte so viel Kraft, dass sich schon früh meine Krämpfe meldeten. Ich musste absteigen und das Velo stossen. Über den ganzen Tag bewegte ich mich etwa 25km zu Fuss und verbrauchte so die meisten zusätzlichen Stunden des Morgens. Nach 45km und 5h kam der KulminationsPunkt auf 2000müM. Ich hatte auch heute keine Ahnung, wie ich Damghan erreichen sollte. Danach sank die Strasse aber dauernd ganz leicht (bis Damghan auf 1200müM), der Wind liess nach, ich versetzt alles Trinkwasser mit meinem elektrolytischen Pulver und kam schnell vorwärts. Die Krämpfe blieben aus und die Hitze machte mir keinen Teil mehr zu schaffen wie gestern. Ausserdem hatte ich heute genügend Wasser incl. einer Flasche voller Eis, damit ich immer kühles Trinkwasser panschen konnte.

Ich fahre 95% durch eine reine KiesWüste. Ab und zu allerdings kommt aus den Hügeln scheinbar etwas Wasser und es werden vor allem Nüsse kultiviert und auch in der unmittelbaren Umgebung von Städten ist die Landschaft einigermassen grün. Das Hotel, dessen Adresse ich heute morgen im Hotel erhielt fand ich sofort. Allerdings schmelzen meine Rial's dramatisch, kostet doch auch dieses Hotel 1.5 Mio.

Essen ist bei Ramadan tatsächlich ein Problem. Etwas Rechtes kriegt man den ganzen Tag nicht, ganz abgesehen davon, dass ich weder gestern noch heute unterwegs an etwas restaurantähnlichem vorbeigekommen wäre. Darum trank ich heute nebst viel Wasser bei zwei Lädelchen zwei Liter Bananenmilch um zu einigermassen genügend Kalorien zu kommen.

Do, 8.6.2017, Semnan. Garmsar-Lasjerd-Semnan, 80 km Velo, 40km auf PickUp. Wetter: Wolkenlos, 40°. SemnanTouristHotel, sFr 50.--.

Heute morgen erklärte mir ein älterer Herr, ich hätte in einer Sportschule übernachtet (wie bei uns in der Meierwiesen). Wenn ich kein W-Lan habe schreibe ich ein SMS an Katharina. Von ihr erfuhr ich dann vom Anschlag in Teheran. Heute Abend nun lese ich davon in der NZZ. Gestern war ich aber bereits auf dem Weg Richtung Mashhad, ich wurde allerdings von zwei Polizisten angehalten und untersucht, was mich schon wunderte.

Heute morgen startete ich mit einem mulmigen Gefühl. Normalerweise vergehen Krämpfe über Nacht total. Diese Nacht nicht. Meine Hände verzogen sich auch noch am Morgen. Es ging dann aber alles gut bis etwa Km 60. Da begannen die Oberschenkelkrämpfe. Aber nicht genug damit. Mit 40° und prallem Sonnenschein bekam ich, trotz kompletter Körperabdeckung incl. Kaputze Probleme mit der Hitze, und trotz 3.5 lt Wasser in den Saccochen ging mir das Wasser aus. Es gab in dieser endlosen WüstenEbene ganz einfach keine Dörfer mehr um nachzufüllen. Und Tankstellen auch nicht. Eine Polizeistreife organisierte mir von einem Lastwagenfahrer einen Liter Wasser. Wegen den Krämpfen musste ich immer wieder gehen, wohlwissend, dass ich damit Semnan kaum je erreichen würde. Aber ich hatte Glück. Ein junger Fahrer mit einem PickUp realisierte, dass da wohl etwas nicht stimmt, hielt an und wir verluden Velo und Saccochen auf die Brücke. Er fuhr mich statt mit 10km/h mit deren 110 nach Semnanä zu einem sehr komfortablen Hotel (wo er vom Hoteldirektor natürlich eine Provision in Empfang nahm). Der heutige Tag erinnerte mich an Mapastepec in Mexiko, als mich ein Herr auflud und zu sich nach Hause fuhr. Dies, nachdem er erlebt hatte, wie ich mich nur noch erbrochen hatte. In diesem Hotel gelten zum Glück die Ramadan-Regeln nicht, ich konnte somit zu einer halbwegs christlichen Zeit wieder 'nachfuttern'.

Mi, 7.6.2027, Garmsar. Teheran-Palasht-Eyvanakey-Garmsar, 125km. Wetter: Wolkenlos, 35°. Hotel ??, sFr 18.--.

Kaum war ich abgefahren fing ich meinen 2. Platten ein. In einem Juvelliergeschäft erhielt ich eine Schüssel Wasser und fand so den Schaden. Ich fuhr etwa 25km, bis ich die Teheran mit den hohen Bergen im Norden (bis über 5600müM) hinter mir sah. Immer wieder halten Leute an und beschenken mich mit Wasser, Fruchtsäften, Bananen, Melonen, Guetsli und andern Sachen. Heute kramte ein alter Mann aus seinem Uralt-PickUp einen Eisblock in einer 1.5 lt PetFlasche hervor und schenkte ihn mir. Das Beste, das ich bis anhin erhalten habe. Ich hatte damit, zusammen mit meiner zweiten 1,5lt-Flasche kaltes Trinkwasser für den Rest des Tages. Welch feines Getränk bei 35°C.

Wohl alle Berge in Iran müssen, im Gegensatz zu den Alpen uralt sein. Nur so ist zu erklären, dass die hohen Berge reine KiesHaufen sind, ohne Felsen, Wände und Gräte, alles ist völlig ausgewittert. Die Gegend wurde immer trockener. Auf den 'Kieshaufen' wächst nicht ein Grashalm und auf der Ebene gibt's nur noch Grasbüschel. Die letzten 10 km des Tages begannen wieder einmal meine Krämpfe, allerdings auf eine neue Art. Nicht die Beine wurden heimgesucht, sondern fast alle Muskeln des Oberkörpers. Ich fuhr manchmal wie ein verkrüppeltes altes Mannli durch die Gegend (ich sollte nicht vier Tage Velopause machen). Drei Personen gaben mir ein Hotel an. Ich fand es, nach der dritten Zimmerbesichtigung verliess ich das Haus voller Ekel. Ein alter Taxidriver kannte zwar auch kein anderes Hotel, aber er hatte einen Gedankenblitz und führte mich -- ja, wohin eigentlich? Es war irgend eine Institution -- mit Zimmern allerdings, von welchen ich eines mit vier Betten erhielt. Ich war zwar wieder froh um meinen Schlafsack, aber die Douche funktionierte und der Kühlschrank auch. Ich fand einen kleinen Laden und deckte mich mit Lebensmitteln und Getränken ein. Ich schluckte 7 meiner isotonischen Tabletten und langsam verschwanden die Krämpfe wieder. Das Haus hatte zwei EssSäle für je etwa hundert Personen (zu Essen gab's allerdings nichts). Die beiden Männer im Haus sprachen keine Silbe englisch, weshalb ich nie rausgefunden habe, wo ich eigentlich war. Internet hatte es natürlich keines.

Di, 6.6.2017, Teheran. Busfahrt 150km. Wetter: Wolkenlos, 35°. Hotel Pasargard, sFr 50.--.

Qom ist sehr überblickbar. Alles Sehenswerte befindet sich im Zentrum. Ich besuchte zuerst die Moschee Imam Askari, durch die mich ein älterer Herr mit sichtlichem Stolz führte. Dann ging's zum Heiligtum Fatemeh Masumeh. Da wurde mir ein Führer zur Seite gestellt. Das Heiligtum ist immens gross, immens reichhaltig und an Schönheit kaum mehr zu überbieten. Um Fatima, einer direkten Nachfahrin von Mohammed, die 816 hier sehr jung starb, wird in der schiitischen Kultur ein ebenso grosser Kult gemacht wie im Christentum um Maria. Leider können Touristen die Innenräume nicht besuchen, die Pracht muss unglaublich
sein. Qom hat 50 Hochschulen für die Ausbildung von schiitischen Geistlichen mit 60'000 Studierenden aus 90 Ländern.

Nach diesen Besuchen war mein Bedarf an Heiligtümern, Basaren und schönen Brücken vorerst gedeckt und ich machte mich auf den Weg nach Teheran, zuerst per Taxi zur BusStation, dann per Bus nach Teheran. Ich checkte wieder im selben Hotel ein, wo auch mein Velo und die Saccoschen zwischengelagert waren. Nach vier geruhsamen Tagen fängt morgen der Ernst des Lebens wieder an. Das nächste Etappenziel ist Mashhad, resp. Turkmenistan in etwa tausend Kilometern.

Mo, 5.6.2017, Qom. Busfahrt, 300km. Wetter: Wolkenlos, 30°. Hotel Fajr, sFR 18.--.

Heute machte ich mich auf einen FussMarsch von 20-25km zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Isfahan. Am Anfang des riesigen ImamPlatzes befindet sich die ImamMoschee mit einem Durchmesser der HauptKuppel von 30m. Die vier einander zugewandten Fronten sind ein architektonisches und statisches Meisterwerk und von erhabener Schönheit. Auch die JameeMoschee, ein Weltkulturerbe, mit noch existierenden Bauteilen aus dem 8. JH ist ist sehr eindrücklich.

Ich verliess die Stätte im NordOsten und machte mich nach Süden unterwegs. Dabei geriet ich in einen sehr langen Kuppelgang. Ich traf keine Menschenseele und fragte mich mich langsam, wie ich hier wieder rauskomme. Der Kompass bestätigte mir zumindest die richtige Richtung. Ich war im geschlossenen Basar (immer noch wegen dem Tod von Khomeini) sicher einen Kilometer marschiert bis ich endlich wieder Sonnenlicht sah. Danach ging's durch grosse und schöne Parks zum Fluss.

Vier prächtige alte Brücken führen über den Zayandehrud-Fluss, der östlich von Isfahan in einem riesigen Sumpfgebiet vollständig verdunstet. In der Nähe des Flusses, auf dessen Südseite, besuchte ich noch eine armenische, christliche, Kirche, deren Innenraum aber vollständig eingerüstet war, so dass davon nicht viel zu sehen war.

Mitte Nachmittag fuhr ich mit dem Taxi zum nördlichen BusTerminal. Ich wollte mich nur erkundigen wegen der morgigen Busverbindungen zurück nach Teheran. Da sagte ich etwas von Qom -- und innerhalb von 5 Minuten sass ich in einem VIP-Bus nach Qom, und erst noch hinter dem Fahrer. Der Preis für 4 Std Fahrt incl. kleinem SnackPaket betrug 6 Franken 50. Eine Frau mit guten Englischkenntnissen interessierte sich für die Schweiz und für meine Reise. Auf Ihrem SmartPhone installierte ich ihr meine HomePage und entschuldigte mich, dass alles eben in Deutsch geschrieben sei. Es dauerte keine zwei Minuten, da hat ihr etwa 12- jähriger Sohn den gesamten Inhalt per Google auf arabisch und in arabischer Schrift übersetzt und der Mutter vorgelesen, dass ich vier Kinder hätte und fünf Enkel usw. Ich habe immer noch keine Ahnung, wie der das gemacht hat.

Bei der BusStation in Qom fragte ich nach einem Taxi und eh ich mich versah sass ich in einen grossen Auto mit Grosseltern, der Tochter und deren Kleinkind. Der Vater und die Tochter sprachen leidlich englisch und die Grossmamma bestand darauf, dass wir französisch sprechen. Eine lustige Fahrt bis ins Zentrum der Stadt. Dort fand ich schnell ein kleines Hotel im Hinterhof eines Hinterhofes. Klein aber schön und billig.

So, 4.6.2017, Isfahan, Bus 450km. Wetter: Wolkenlos, 32°. Hotel Morvarid, sFr 30.--.

Bevor ich den Bus nach Isfahan bestieg wollte ich per Taxi ans andere Ende der Stadt fahren, um mir in einem VisaBüro meine Aufenthaltsdauer auf 30 Tage verlängern lassen. Zum Glück erfuhr ich, dass heute der TodesTag von Khomeini ist, dass somit die ganze Stadt geschlossen ist. Ich wanderte also in etwa 2 Stunden durch die fast menschenleere Stadt zum Südbahnhof.

Mit einem sehr komfortablen Bus fuhr ich in etwa 6 Stunden fast ausschliesslich durch Wüstengebiet mit SalzSeen nach Isfahan. Ein Taxi führte mich zu einem einfachen Hotel. Es war erst 6 Uhr und somit ging ich auf erste ErkundungsTour -- und landete gleich neben dem Hotel auf dem ImamPlatz, mit 160 x 510 m der zweitgrösste Platz der Welt (der grösste ist der TiananmenPlatz in Peking). Der gesamte Platz ist von Arkadengängen umgeben. Gesamtlänge, man rechne, über 1,3!km lang. Unzählige Geschäfte befinden sich darin.

Ich habe wohl noch nie eine solche Pracht an Kunsthandwerk gesehen wie unter diesen Arkaden. Kupfer-, Messing- und SilberZislierungen, Glasbemalungen, feinste Emailierungen, schönste BrokatStoffe und Gewänder. Holzschnitzereien und engst geknüpfte Teppiche. Ich war richtiggehend erschlagen. Und immer wieder diese Confisserie. Welch ein Unterschied zu Täbris und Teheran.

Tausende waren auf dem Platz und in den Arkaden. Ich habe keinen einzigen Touristen wahrgenommen. Ein Grossteil waren Familien. Alle haben eine Matte und genügend Essen mitgenommen. Nach dem Eindunkeln war der Riesenplatz poppenvoll. Sehr eindrücklich!

Sa, 3.6.2017, Teheran2, SightSeeing. Wetter: Wolkenlos, 30°.

Zuerst wollte ich mich schlau machen für eine Busverbindung nach Isfahan, ca 500km südlich von Teheran. Nach 3 Std Fussmarsch fand ich den SüdTerminal. Es gab mindestens 20 private Busbetreiber. Ich versuchte ein Billet zu lösen. Es kostet Normal 200'000 Rial, mit dem VIP-Bus 330'000 Rial = sFr 9.--. Bis hierher ging es noch gut. Dann aber wurde mir ein Billet ausgedruckt, auf dem ich nichts lesen konnte. Ich sah aber, dass beim Reisedatum eine 2-stellige Zahl stand. Morgen ist aber der 4. und somit nur einstellig. Ich kam derart nicht draus, dass mittlerweile die ganze Schaltermannschaft vor mir stand. Morgen sei der 14.!!! Ich konsultierte mein iPhone. Heute ist der 3. Man kann sich langsam vorstellen, wie wir gegenseitig herumgestikulierten. Bis ich auf den Gedanken kam, dass Iran ev. eine andere Zeitrechnung haben könnte. Mein Bus fährt also am 14., dh morgen. Hoffe ich mal. Auf jeden Fall war es schlussendlich für alle ein RiesenGaudi und ich musste noch allen persönlich die Hand schütteln.

Ich besuchte nochmals den Basar mit 30'000 Geschäften und 100'000 Beschäftigten. Ein Riesenbetrieb. Alle Verkäufer (Basaris) waren Männer, 3/4 der Kundschaft waren Frauen.

Danach stattete ich noch der Khomeini-Moschee und dem GolestanPalast einen Besuch ab. Letzterer ist äusserlich ein rel. bescheidener Palast, allerdings mit sehr prunkvollen Festsäälen. Im Museumsbezirk reichte die Zeit leider nicht mehr für Besuche.

Fr, 2.6.2017, Teheran1. Karay-Teheran, 53km. Wetter: Wolkenlos, 30°. Hotel Pasargad, sFr 45.--.

Mein Gastgeber Ali war ein konsequenter Moslem. Er lobte seinen Koran mit all seinen Auslegungen, eine unglaublich umfangreich Fibel, als seine LebensSchnur.

Ich machte mich nach acht auf den Weg und hatte alle Mühe, wieder aus der grossen Stadt herauszufinden. Auf meine Fragen nach dem Weg erhielt ich unterschiedliche Angaben. Das Wenden über 4-6 Spuren (in einer Richtung) auf die andere StrasseRichtung ist sehr anspruchsvoll bis unmöglich und manchmal steige ich einfach ab und gehe quer zum Verkehr über die Strasse.

Der andauernde Rückenwind verwöhnt mich richtig. Ich mag schon gar nicht daran denken, dass die Situation wieder umkehren wird. Schon nach etwa 50km erreichte ich den Moloch Teheran mit 14 Mio Einwohnern. Als mir irgendwo gesagt wurde, hier sei das Zentrum liess ich mich per Moped zu einem Hotel führen.

Ich gelangte dann mit der Metro ins wirkliche Zentrum, aber die gepriesenen Sehenswürdigkeiten samt dem Basar waren geschlossen. Heute ist Freitag und somit muslimischer Feiertag. A propos Metro: Spätestens, wenn Dir ein Teenager seinen Sitzplatz anbietet, wird Dir Dein Alter wieder einmal bewusst.

Do, 1.6.2017, Karay. Takestan-Qazvin-Abyek-Karay, , 8.5h Velo. Wetter: Wolkenlos, 30°. Hotel: Privatunterkunft, sFr 0.--.

Auch heute begleitete mich der Rückenwind und ich kam schnell nach Karay. In dieser grossen Stadt gestaltete sich die Hotelsuche schwierig, vor allem, weil 'Hotel' fast nirgends steht, sondern nur die iranische Bezeichnung und die erkenne ich nicht. So fragte und fragte ich und fragte ich. Ich war schon fast durch die ganze Stadt, als ich einen Krankenpfleger fragte. Der machte nicht viel Federlesens und lud mich zu sich nach Hause ein. Ich willigte ein. Leider sprach er nicht so gut englisch, wie ich gedacht habe und so wurden unsere langen Diskussionen in seiner JunggesellenBude etwas holperig. Er machte mir ein Nachtessen mit Reis, Kartoffeln und Hühnchenfleisch. Danach gab's einen Rundgang im sehr schönen, grossen und ausserordentlich belebten Stadtpark. Geschlafen wird auf dem Teppich.

Mi, 31.5.2017, Takestan. Zanyan-Abhat-Takestan, 154km, 7.5h Velo. Wetter: Wolkenlos, 30°. Hotel Zornazan, sFr 15.--.

Schnelle, aber ereignislose Fahrt durch weite fruchtbare Ebene mit fast durchgehendem Rückenwind. Unterkunft in einem einfachen Hotel, das wieder meinen Preisvorstellungen entspricht. Ich nähere mich in Windeseile Teheran.

Di, 30.5.2017, Zanyan. Miyaneh-Sarcham-Zanyan, 145 km, 8.5 h Velo. Wetter: Wolkenlos, 30°. Hotel Park, sFr 50.--.

Heute ging die Reise ganz leicht etwa 600 m ansteigend durch ein Tal, das unten eng begann und dann immer weiter wurde. Im unteren Teil hatte es mehrere Tunnel, die ich aber glücklicherweise umfahren konnte. Ein Felssturz, hervorgerufen durch MaterialAbbau verhinderte ein Weiterkommen. Ich bat einen Laderfahrer, mir die Strasse zu räumen. Anfänglich hatte er überhaupt kein Musikgehör. Erst nach einigem BittiBätti bequemte er sich, mir die Strasse zu räumen.

Es wurde sehr warm und die Sonne fing an zu sengen. Ich erinnerte mich an meine SonnenStiche in Mexiko mit Übelkeit und dauerndem Erbrechen und zog mir Regenhosen und Windjacke über incl. der Kapuze.

In Zanjan traf ich ein junges Pärchen, das von Frankfurt mit dem Velo bis nach Teheran fährt und somit schon bald am Ziel ist. Ich bin in einem guten Hotel abgestiegen, aber ich stelle fest, dass der Iran teurer ist als ich angenommen habe. Ich habe zwar für Iran und Turkmenistan genügend Dollars, aber kaum mehr Reserven für die Weiterreise. Auf allen meinen Reisen brauchte ich meine Dollars nie, denn es gab überall funktionierende Bancomaten (ATM), die internationale Kreditkarten akzeptieren. Auf dieser Reise ist das etwas schwieriger.

Mo, 29.5.2017, Miyaneh. Täbris-Bostanabad-Miyaneh, 175km, 9.5 h Velo. Wetter: Schön, 30°. Hotel Solmaz, sFr 30.--.

Ich stieg lange an auf etwa 1900müM durch kahle HügelLandschaft, gesäumt allerdings durch zT noch schneebedeckte Berge bis über 3'500müM. Nach einem Pass auf 2130 müM mit einem Skiresort ging's laufend etwa tausend Meter ganz leicht bergab, zuerst durch landwirtschaftlich genutzte Ebenen und die letzten 70 km durch ein langes, enges Tal bis Miyaneh.

Heute habe ich meinen ersten Platten eingefangen und den 1000-sten Kilometer durchfahren.

So, 28.5.2017, Täbris, Ruhetag. Wetter: Schön, 28°.

Nach einem ausgiebigen Frühstück im Hotel (es muss ja wieder bis 21 Uhr herhalten) besuchte ich die Blaue Moschee. Diese wurde im 15. Jahrhundert erbaut, ist aber bei einem Erdbeben 1780 zusammengefallen (wie übrigens die ganze Stadt mit 50'000 Toten) und 1975 wieder aufgebaut worden, allerdings ohne die reichhaltigen KeramikVerputze. Bei diesem Erdbeben wurden fast alle Kultur-und Sakralbauten zerstört, weshalb Täbris trotz seiner reichen Vergangenheit touristisch nicht sehr interessant ist. Übriggeblieben ist auch ein Portal der grössten BacksteinMoschee, der AliShahMoschee. Das muss ein gigantischer Bau gewesen sein, da nimmt sich die daneben gebaute neue GrossMosche geradezu klein aus.

Zu der Moschee führte mich spontan ein Iraner mit wenig EnglischKentnissen. Ich fragte ihn, ob ich mit meiner MasterCard Geld beziehen könnte. Er führte mich zu einer Bank, dann zur Nationalbank und zuletzt zu einem Hotspot von privaten Geldwechslern. Überall die gleiche Antwort: Geht im ganzen Iran wegen des Embargos nicht. Wir besuchten dann einen Freund, einen etwa 60-jährigen iranischen Kunstmaler, der in Deutschland studierte. Mit dem konnte ich wieder einmal etwas reden, wie auch mit seinem Vater, der lange Zeit in Amerika gearbeitet hat. Es gab natürlich Tee und Patisserie

Und um 21 Uhr, dem Ende des Ramadan, gab's wieder etwas Richtiges zu essen.

Sa, 27.5.2014, Täbris. Marod-Sufiyan-Täbris, 72km, 4h Velo. Wetter: Schön, 28°. Hotel Ahrab, sFr 29.--.

Nach einem happigen Aufstieg bis auf 1800 müM ging's danach immer leicht sinkend und erst noch mit Rückenwind nach Täbris, einer GrossStadt mit über 2Mio Einwohnern in der Provinz OstAserbaidschan. Ganz am StadtAnfang stoppten mich zwei ältere Herren, boten mir aus einer WärmeFlasche aus dem Auto Tee an, sowie feinen Kuchen und Bisquits. Am Schluss füllten sie eine Tasche meines Tricots mit Zeltli. Da einer von ihnen gut englisch konnte verstanden wir uns prächtig. Das StadtZentrum zu finden war allerdings nicht einfach. Da kam mir in den Sinn, dass ich ja ein OffLine-ÜbersetzungsProgramm auf's Handy geladen hatte. Damit kam ich dann problemlos in die Stadt und fand auch ein recht gutes Hotel in der InnenStadt. Da ich schon vor Mittag in der Stadt war ging ich den Basar besuchen. Ein riesiges System aus gemauerten Gewölben mit wohl Tausend VerkaufsNischen. Eine völlig ineffiziente Art Waren unter die Leute zu bringen, aber malerisch ist es auf jeden Fall.

Eigentlich wollte ich schon lange etwas essen, aber nirgends fand ich ein Restaurant. Es gab überhaupt keine. Im Hotel erfuhr ich den Grund: Es war Ramadan. Vor 21 Uhr gibt's nichts zu essen. Ich behalf mir in der Zwischenzeit mit kalorienreichen Fruchtsäften und feinen Guetslis aus der Patisserie. So hungerte ich bis 9 Uhr durch. Langsam gingen die meisten RollLaden der Geschäfter runter -- aber andere gingen rauf und dahinter kam plätzlich ein Restaurant zum Vorschein mit bereits brutzelndem KebabStock. Heute ist der zweite Tag des Ramadan und der dauert einen Monat -- ich muss mir also ein ErnährungsManagement zurechtzimmern. Wird schwierig, denn um 9 Uhr bin ich in aller Regel im Bett. Na ja, ich habe ja gesagt: Ich will mal raus aus der Komfortzone. Morgen mache ich einen Ruhetag.

Fr, 26.5.2017, Marod. Qara Ziyaeddin-Evoghli-Marod, 116km, 8h Velo. Wetter: Schön, 25°. Hotel Marand Inn, sFr 35.--.

Auch im Iran fahre ich durch endlose Ebenen auf etwa 1200-1600m Höhe. Karges Land mit sehr vielen Schaf-und Geissenherden wechseln sich ab mit bewässertem, intensivem Landbau. Es hat fast keine Besiedlung und manchmal frage ich mich, wo all die Leute wohnen, die das Land bestellen.

Auch heute wollten mir wieder viele helfen, ein Hotel zu finden. Schlussendlich landete ich weit oben über der Stadt in einem grossen Touristikhotel. Ich war der einzige Gast, der Hoteldirektor der einzige Angestellte. Er war auch der, der mir ein kleines Menue kochte.

Do, 25.5.2017, Qara Ziyaeddin (Iran). Dogubayazit-Grenze nach Iran-Maku-Qara Ziyaeddin, 151 km, 10 Std Velo. Wetter:Leicht bewölkt, 20°. Hotel Shakyar, sFr 8.--.

Nach dem Morgenessen fuhr ich weiter auf bester Strasse und sah ihn nun wirklich, seine Mayestät, den Ararat. Ein eindrücklicher Berg, fast unverhüllt und völlig allein in der Landschaft stehend, ohne Vor-und Nebenberge, in weniger als 15 km Entfernung. Dort, wo Noah's Arche gelandet ist, sagt man. Da schaue ich aus einer Höhe von 1500 müM auf 5137 müM, über 3600 m in die Höhe. Das sieht man so nah fast nirgends auf der Welt, schon gar nicht in den Alpen.

Der Grenzübergang wurde ziemlich schwierig, vor allem aber chaotisch und äusserst laut. Nach etwa 3 Stunden war ich dann allerdings durch. Dies allerdings nur, weil ich beim 2. Mal Anstehen (Wartezeit mindestens 90 Minuten) einen 'Schlepper' anstellte, der mit mir an der Schlange vorbei, direkt zum Zollbeamten ging, diesem von hinten etwas unter das Pult steckte und ihm meinen Pass gab. Zwei weitere Schlepper haben aber ganz offensichtlich mehr geschmiert, denn deren Pässe hat er noch vor dem meinen abgestempelt. Hat mich etwa 10$ gekostet, aber ohne diesen Zeitgewinn hätte ich wohl zelten müssen.

Auf der Weiterfahrt kaufte ich in einem Lädelchen Chips und ein Goggi und sass auf die Treppe um es zu verzehren. Da kam ein Vater von zwei spielenden Buben und brachte mit zuerst Tee und danach so etwas wie eine Tortilla. Sprechen konnten wir leider nicht aber es war ein schöner Willkommensgruss in Iran. Ich musste dann noch lange über drei Mal schlechtere Strassen mit drei Mal mehr Verkehr als in der Türkei fahren, bis ich endlich nach Qara Ziyaeddin kam, wo es angeblich ein Hotel hatte. Das wurde allerdings zum Spiessrutenlaufen. Schlussendlich führten mich zwei Moped-und ein Autofahrer quer durch die Stadt zu einem 'Hotel'. Ich handelte mir also heute die erste 'Höhle' ein auf meiner Reise und war sehr froh über meinen kuscheligen Daunenschlafsack.

In Iran werden die Uhren gegenüber der Türkei um 90 Minuten vorgestellt. Ich bin jetzt 2 1/2 Stunden vor der Schweizerzeit.

Mi, 24.5.2017, Dogubayazit. Agri-Taslicay-Passhöhe2020 müM-Dogubayazit, 106km, 7h Velo. Wetter: Bewölkt, trocken, 15°. Hotel Ertur, sFr 20.--."

In einem flachen Anstieg ging es bis auf die heutige Passhöhe von 2020 müM. Vorne links war im Nebel wohl der Ararat, mit 5137 m der höchste Berg der Türkei (Noah habe ich nicht getroffen). Ich fuhr auch weiterhin durch unendliche, fast unbewohnte Weiten. Die Ebenen waren wieder zu einem Grossteil landwirtschaftlich genutzt. Was angepflanzt war konnte ich nicht erkennen, es war noch zu früh im Jahr. Woher die Leute kommen, die die Ernte einholen weiss ich nicht. Das muss industriell erfolgen.

Aber es gab an den Hängen auch immer wieder grosse Schafherden und dazu gehören natürlich wieder Hunde. Einmal sahen mich vier dieser 50 kg-Brummer kommen, rasten über die Gegenfahrbahn und den V-Graben und kamen von vorne auf mich zugerast. So ungefähr 200 kg Lebengewicht! Mutprobe. Ich fuhr voll in sie hinein, hoffend, dass sie von sich aus ausweichen würden. Sie wichen aus, kehrten aber blitzartig und verfolgten mich mit RiesenGeheul. Dabei waren zwei davon nicht hinter, sondern eine halbe Hundelänge vor mir, dh, sie wollten mich gar nicht schnappen. Die schaffen übrigens nicht nur 20, sondern 30 km/h. Erst mit 35 auf meinem Tacho liessen sie von mir ab. Danach war ich nudelfertig. Einige Kilometer weiter kreuzte ich eine grosse Schafherde auf der Strasse und dachte natürlich ausschliesslich an grosse Hunde, die unweigerlich kommen würden. Aber ich hatte Glück, es kamen lediglich drei Pinscher à 15 kg.

Ich war schon früh in der Stadt, bezog ein einfaches Hotelzimmer und musste schnell essen gehen, denn um 17 30 schliesst das hoteleigene Restaurant und rundherum hat es nichts weiteres. Es war ein beschaulicher Reisetag.

Di, 23.5.2017, Agri (Ruhetag). Wetter: Fast durchgegend Regen bei höchstens 12°.

Normalerweise mache ich erst nach 6-7 VeloTagen einen Ruhetag. Nach den letzten vier strengen (und nassen) Tagen mit gestern als Höhepunkt mochte ich aber heute morgen ganz einfach nicht mehr aufstehen. Es gab heute einen 'Stubentag'. Es regnete wieder den ganzen Tag. Die Stube zu Hause hätte ich zwar lieber gehabt, aber mein Hotelzimmer ist auch ganz komfortabel.

Es ist mir rätselhaft, warum ich bei den grossen Leistungen der letzten Tage (1800 HöhenMeter Anstieg und 190 km gestern) nie Krämpfe unterwegs hatte, und das in den ersten Tagen einer neuen Reise. Lediglich zweimal in der Nacht sprang ich auf, hatte das Problem aber schnell wieder unter Kontrolle. Weich ein Unterschied zu früheren Reisen, vor allem jener durch Indochina.

Hier in Anatolien ist die Türkei ziemlich streng muslimisch. Immer wieder ruft ein Muezin seine Gebete in die Landschaft, die Frauen sind zwar selten ganz verschleiert aber in der Regel muslimisch gekleidet. Alkohol gibt's nirgends, Moscheen auch in kleinen Dörfern. Nichts mit dem Islam, sehr wohl aber mit Präsident Erdogan zu tun hat allerdings die Tatsache, dass das Internet streng zensuriert ist. Sehr zu denken gibt mir, dass Wikipedia gesperrt ist. Früher, in unserem Mittelalter gab es Bücherverbrennungen. Heute, im türkischen Mittelalter werden die WissensPlattformen 'verbrannt'. Solche Versuche, den Wissensdurst der Türken zu unterdrücken sind aber sehr stümperhaft. Ich kann problemlos mehrere Artikel aus der ganzen Welt (es gibt wohl Hunderte) zB über den Genozid der Türken an den Armeniern vor hundert Jahren herunterladen, kopieren und auf dem Google Übersetzer auf türkisch anzeigen lassen. Trotzdem: Ich kann zB nichts über die Stadt erfahren, in der ich mich befinde oder die ich besuchen will, etwas, das ich fast immer mache. In gewissen Staaten werden die Menschen gezwungenermassen immer dümmer. Aber es war schon immer so: Diktatoren vertragen keine aufgeklärten Bürger - die Türkei neuerdings ganz offensichtlich auch nicht.

Da mein Visum für den Iran nur für 21 Tage ausgestellt wurde und mein Visum für Usbekistan erst ab dem 20.6. gültig ist werde ich meine Reise etwas abbremsen und morgen nur eine kleine Etappe absolvieren.

Mo, 22.5.2017, Agri. Erzurum-Küprüköy, Horasan-Pass 2200müM-Eleskirt-Agri, 190 km, 12 Stunden Velo netto. Wetter: Wechselnd bewölkt, meist trocken, 12/Pass 8°. Hotel Grand Cenas, sFr 55.--.

Titel: ein langer Tag, ein langer Bericht. Ich startete ohne Morgenessen schon vor 7 Uhr und begab mich auf lange Fahrt durch grosse Hochebene, ständig leicht abwärts fahrend und mit Rückenwind von hinten rechts bis Horasan. Die Stadt erreichte ich schon vor 11 Uhr nach 90 km. Wenn ich jetzt weiterfahre bin ich für 65 km, bis Eleskirt, in Niemandsland. Ich war allerdings so früh dran, dass ich mich getraute weiterzufahren. Dies, trotzdem ich wusste, dass ein Pass auf 2200 müM mit einem Aufstieg von 600 m (es ergaben sich dann 800 HM) vor mir liegt, und dass sich mein Rückenwind nach einem 90° Richtungswechsel in Gegenwind verwandeln wird.

Je höher ich kam umso stärker wurde der Gegenwind. Zum Glück fuhr ich auf guter und breiter Strasse mit lediglich etwa 6% Steigung. (Einschub: neben mir hielt ein Kleinmotorrad an. Es war Roman aus Bern, der fährt nach Vietnam) Mit der Zeit wurde ich aber so langsam, dass ich nicht mehr Spur halten konnte. Ich stieg ab und stosste das Velo stundenlang mit einer Geschwindigkeit von 4.5 km/h. Hinter der Passhöhe, wo ich normalerweise mit 40-50 km/h laufenlasse erreichte ich mit allem Strampeln gerade noch 12 km/h. Ich machte mich mit dem Gedanken vertraut, im Zelt zu übernachten, denn in diesen Verhältnissen erreiche ich Eleskirt nie.

Die Strasse wurde flacher und meine Geschwindigkeit noch geringer. Da erreichte ich wieder einmal eine Tankstelle, nach 40km die erste. Ich fuhr unters Dach und bemerkte, dass von hinten rechts ein Gewitter im Anmarsch war. Ich deckte alles ab und nahm die Einladung des Tankwartes für eine Tasse Tee dankend an. Das Gewitter dauerte nur kurz und als ich mich wieder auf den Weg machte gab's keinen Regen mehr und, welch ein Wunder, auch keinen Wind mehr. Bei völliger Windstille fuhr ich eine enge Schlucht hinunter bis nach Eleskirt, wo ich um etwa 18 30 ankam.

Ich quartierte in einem Hotel ein, wollte douchen und stellte fest, dass kein Wasser vorhanden war. Die Toilette konnte man auch nicht spülen, sie war deshalb voller Scheisse. Blitzartig floh ich aus dem KatastrophenHotel (ich hatte zum Glück noch nicht bezahlt) und -- wusste nicht mehr weiter. Zelten oder nochmals 35 km unter die Räder nehmen und nach Agri fahren. Ich fuhr nach Agri. Auf schönster, neuer Strasse mit 3.5m Pannenstreifen für mich durch eine riiiiesige Ebene und, o Wunder, diesmal mit Rückenwind kam ich mit 25 km/h voran. Ab 19 30 wurde es dann aber endgültig dunkel. Ich montierte meine knallgelbe SaccochenAbdeckung und meine LeuchtGamachen, stellte meine Rückfahrlampe auf Blinken und montierte meine neue Stirnlampe (echt stark). Kurz vor 21 Uhr erreichte ich ein schönes Hotel. Ein Nachtessen musste ich mir bringen lassen (mehr als ein Snickers und ein Päcklein Nüsse habe ich heute noch nicht gegessen). Dann fiel ich auf's Bett. Mein Bericht konnte bis morgen warten.

So, 21.5.2017, Erzurum. Bayburt-Passhöhe 2301müM-Askale-Erzurum, 137 km in 9.5 h. Wetter: Am Morgen bedeckt, leichter Regen, am Nachmittag zunehmend sonnig, 12/5/15°. Hotel Bey, sFr 26.--

Es ist geradezu unheimlich, was in guten muslimischen Hotels als Morgenbüffet aufgetischt wird. Ich hab's gezählt: 8 Warmhaltepfannen, 40 Teller mit Käse, Aufschnitt, Gemüse, Oliven usw, 20 abgepackte Zutaten und viele Getränke. Dies wird wohl für lange Zeit die beste Unterkunft gewesen sein.

Bei leichtem Regen fing die Steigerei wieder an. Zum Glück startete ich schon auf 1600 m, was den Pass auf 2300 müM erträglich machte. In den grasbewachsenen Bergen gibt es grosse Herden von Kühen, vor allem aber von Schafen, die von Hirten über die Hügel getrieben werden, tatkräftig unterstützt von ganzen Rudeln grosser Hunde, alle sicher über 50 kg schwer. Ich wurde schon viele Male von Hunden verfolgt und angebellt, gebissen hat mich noch nie einer. Als dann allerdings mehrere Male diese Riesenbrummer mich um die Wette hetzten wurde mir dann doch etwas mulmig. Und die rennen locker 20 kmh, ich musste also ordentlich Gas geben, um sie in Schach zu halten.

Nach Askale auf 1600 m fuhr ich über eine riesige Hochebene auf fast 1900 m Höhe. Mich wunderte, dass auf dieser Höhe noch grossflächiger Ackerbau möglich ist. Auch Erzurum, eine HalbMillionenStadt liegt auf 1900 müM. Praktisch aus der Stadt hinaus ist ein grosses Skigebiet auf bis 3000 müM erschlossen mit grossen Sprungschanzen. Ich fand ein Hotel im Zentrum der Stadt. Für eine pizzaähnliche Fleischpastete (sehr gut) mit 2 Büchsen Goggi und einem Jay bezahlte ich 3 Franken.

Sa, 20.5.2017, Bayburt. Torut-Gümürshane-PassÜbergang 1875 müM-Bayburt, 103 km. Wetter: Fast ganzer Tag Regen und Gewitter, 10-5°. Hotel Bayburt Konaklama, sFr 37.--

Ich stieg am Morgen ab ca 850 müM bei bedecktem Himmel aber noch trocknem Wetter nach Gümürshane, kostete dort in einer Bäckerei Kaffee, Jay und allerlei Gebäck (sehr gut) und kämpfte mich danach wieder mehr als 1000 HM auf einen scheinbar namenlosen Pass. Es regnete meistens und vor allem über den Pass geriet ich durch zwei Gewitter. Zuoberst fiel das Thermometer auf gerade noch 5° (ich habe neuerdings ein kleines Thermometer sonnengeschützt unter meinen Sattel gehängt), auf der Abfahrt fing das grosse Schlottern an. Ich fuhr auf einer meist sehr gut ausgebauten SchnellStrasse, welche allerdings über lange Distanzen mit sehr grossem Aufwand im Aus- resp. Neubau stand. Während ich im Anstieg durch eine schroffe FelsLandschaft fuhr gestaltete sich die SüdOst-Seite völlig anders. Runde kahle Hügel prägten die Landschaft und auf einer Höhe von 1700 müM ebnete sich alles aus zu einer sehr grossen Hochebene. Bayburt liegt noch immer auf einer Höhe von 1600. Schalten konnte ich schon lange nur noch mit den Handballen, denn meine Finger konnte ich nicht mehr gebrauchen wegen der Kälte. So war ich sehr dankbar, dass mir ein Mann mit seinem Auto zu einem neuen, sehr schönen Hotel vorfuhr. Ohne Daunenjacke konnte man aber auch dort nicht essen, zu dieser Jahreszeit wird scheinbar aus Prinzip nicht mehr geheizt.

Fr, 19.5.2017, Torul. Trabzon-Maka-Zigana-Pass 1850 müM-Torul, 91km. Wetter: Den ganzen Tag über fast durchgehend Regen mit eingelagerten GewitterZellen, 12 - 6 °. Hotel Castle, sFr 17.

Da es den ganzen Tag bergan ging fielen die Temperaturen auf 6° hinunter. Dauernd 10° Steigung, gerademal 6 km/h und das viele Stunden lang. HochlandAnatolien muss zuerst mal erkämpft werden. Manchmal durch wilde Schluchten aber auch durch ausgesprochen schöne, alpine Landschaften. Diese habe ich allerdings lediglich zwei Mal 5 Minuten gesehen, denn ab 900 müM gab's nur noch Nebel. Den Pass erreichte ich auf 1850 müM - und ich startete ab Meereshöhe.

Zwei Mal kehrte ich völlig durchnässt und durchfroren in einem Restaurant ein für eine heisse Suppe, ein Goggi und Jay (Tee). Etwas komisch angeschaut wurde ich dann aber, als ich wegen 3 Franken mit der Karte bezahlte. Aber eben, ich konnte noch keine Liras wechseln, auch gestern am Flughafen nicht, denn dieser wurde extra für unsern Flug geöffnet und danach sofort wieder geschlossen.

Zum Glück konnte ich in der kleinen, von hohen Felswänden gesäumte GebirgsStadt Torul an einem Bancomaten Bargeld beziehen, sonst hätte ich im kleinen türkischen Restaurant kaum zahlen können. Auch nach zwei Jay und einer warmen Mahlzeit war mit trotz Daunenjacke immer noch kalt. Die Douche hatte zwar 'warmes' Wasser, 25°. Ich werde wohl meinen DaunenSchlafsack unter die Decke nehmen. Es gab zwar W-Lan, aber niemand kannte das Passwort.

Do, 18.5.2017, Trabzon. Wetter in Trabzon: Bedeckt und Regen, 15°. Hotel Gold, sFr 25.--.

Flug ab 10 Uhr über Istambul nach Trabzon in der NordOstTürkei am Schwarzen Meer. Auf dem Flug liess ich anhand der Karte auf dem Bildschirm und meinem Tagebuch meine Reise rund um das Schwarze Meer vor zwei Jahren nochmals Revue passieren. Vor allem sah ich die SchwarzmeerKüste von oben, entlang derer ich meine grosse HöhenmeterOrgie feierte, eine Berg und Talfahrt, die nur noch durch das Zentralgebirge von MittelAmerika überboten wurde.

In Trabzon kam mein Velo und das Gepäck unversehrt an. Morgen geht's dann auf's Velo.

Freitag, 12.5.2017. In einigen Tagen, am Do, 18.5.2017 starte ich zu meiner 11. Veloreise. Mein 54'000 km-Velo hat erstmals zwei neue Räder bekommen, nebst jeweils neuen Kränzen, einer neuen Kette und neuen Reifen.

Was erwartet mich?

Ich fahre fast 2000 km durch den Iran. Ab Teheran beabsichtige ich SightSeeingTouren per Bus nach Isfahan und Qom. Danach geht's durch den Wüstenstaat Turkmenistan, von wo ich auch nach 6 Wochen Wartezeit noch immer kein Visum habe (könnte nachgemailt werden?) Ich fahre durch Usbekistan mit den bekannten Städten Bukhara und Samarkand, dann durch das Fergantal nach Os' in Kirgistan (Kirgisien). Wenn ich die notwendige Bewilligung kriege fahre ich durch das PamirGebirge über den IrkestamPass auf gegen 3700 m Höhe über Meer nach Kashi (oder Kashgar) in China. Das ist nach etwa 5000 km die Halbzeit meiner Reise. Kriege ich keine Bewilligung gehts weiter nach Bischkek, der Hauptstadt von Kirgistan, dann nach Almaty in Kasachstan, über Korgas in China und Urümqi nach Hami.

Ab Kashi fahre ich 1500 km entlang der TaklamakanWüste im TarimBecken, einer der unwirtlichsten Gegenden der Welt, ebenfalls nach Hami. Von dort nochmals etwa 1500 km durch die Wüste Gobi bis Lanzhou und Xi'an, der alten Kaiserstadt, dem offiziellen Ende (oder Anfang?) der Seidenstrasse. Und wenn ich schon mal da bin fahre ich nochmals gut 1500 km nach Shanghai, von wo ich wieder zurückfliege.

Ab nächstem Donnerstag stelle ich wie gewohnt meine Tagesberichte mit Fotos an dieser Stelle ins Netz. Da ich allerdings vielfach kein W-Lan haben werde kommen die Berichte u.U. um Tage verspätet (aus dem Zelt in der Wüste ist die Kommunikation etwas eingeschränkt, auch in der heutigen Zeit). Bleiben Sie dran! Ich freue mich auch eimal über ein Mail.

Anfang April 2017. Vor einigen Tagen mussten wir unseren treuen und ausserordentlich ausdauernden Hund, unsere Aisha, aufgrund eines HarnröhrenKarzinoms im Alter von 12,5 Jahren einschläfern. Damit hat die Familie den Liebling des Hauses und ich meinen stetigen Begleiter auf meinen Wanderungen durch die SchweizerAlpen verloren. Wir wanderten von Wetzikon nach Lugano, nach Poschiavo, ins Wallis und nach Scuol. Alle diese Wanderungen dauerten 10 Tage und die durchschnittliche Wanderzeit über alle Pässe betrug ca. 9 Stunden/Tag. Wir wanderten aber auch die Via Sbrinz von Stans bis Domodossola (mit Katharina), die Via Valtelina aus dem Montafonertal bis nach Poschiavo usw. Es gibt wenige Hunde, die solche Dauerleistungen durchhalten. Adieu, liebe Aisha.